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"Mit offenen Augen durch die Welt"

Drogeriemarkt-Unternehmer Erwin Müller feiert 2013 Firmenjubiläum

Unternehmer Erwin Müller in Canyamel. | Foto: Patricia Lozano

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Lieber das Machbare sofort als das Optimum zu spät: So laute einer seiner wichtigsten Leitsätze, sagt Erwin Franz Müller, Gründer der gleichnamigen Drogeriemarkt-Kette. Seit dem 30. November 2012 ist er auch der Alleineigentümer von "Golf de Canyamel" und will daraus, nach Abschluss umfangreicher Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten, die "Referenzadresse des Golfsports auf Mallorca" machen.

Zum MM-Interview im Clubhaus von Golf de Canyamel erscheint ein erstaunlich junggebliebener 80-Jähriger, sportlich im azurblauen Pullover. Gerade hat er an diesem Samstagmorgen mit einigen Bauverantwortlichen einige Abschnitte des Grundstücks inspiziert. Müller überlässt nichts dem Zufall und schaut als Eigner selbstverständlich auch persönlich vorbei, um sich ein Bild vor Ort zu verschaffen.

In den vergangenen 60 Jahren hat er auf diese Weise eines der größten deutschen Unternehmen aufgebaut: heute 665 Filialen insgesamt (490 davon in Deutschland, neun auf Mallorca), rund 30.000 Mitarbeiter (überwiegend Fachkräfte); schon 2001 erzielt Müller erstmalig über eine Milliarde Euro Umsatz, 2010 überschreitet die Umsatzgrenze drei Milliarden Euro, 2013 soll die Vier-Milliarden-Grenze "geknackt" werden. Das Jahr übrigens, in dem das Unternehmen auch sein 60-jähriges Bestehen feiert: 1953 eröffnete Erwin Müller in Ulm-Unterfahlheim seinen ersten eigenen Friseursalon.

Wohl deshalb hat sich der Erfolgsunternehmer vielleicht zu einem Interview bereit erklärt - denn die mag er eigentlich fast noch weniger als Fotos. Erwin Müller, in Unternehmerkreisen als "kluger Stratege", in der Öffentlichkeit als "großer Unbekannter" gehandelt, umgibt fast etwas Geheimnisvolles.

Seine extreme mediale Zurückhaltung, auch sein geradezu bescheiden anmutendes Auftreten, haben zu diesem "Nimbus" beigetragen. Da ist einerseits der konsequent fleißige, umsichtige und vorausblickende Unternehmer, der seinen Erfolgsweg "Schritt für Schritt an die Spitze" - so auch ein hauseigener Müller-Slogan - verfolgt; andererseits ein unverkennbarer Individualist, ja, Idealist, der sich ganz offensichtlich nicht allein an Zahlen und Statistiken orientiert, sondern primär auf seinen "Bauch" - man könnte auch sagen: auf Instinkt oder Intuition - hört.

Und einer, der ganz und gar bodenständig die "realen Bedürfnisse des Menschen" im Blick hat. Erwin Müller sagt es so: "Sie müssen mit offenen Augen durch die Welt gehen." Und hat dafür auch ein wunderbares Mallorca-Beispiel parat: Es muss vor etwa 25 Jahren in Palma gewesen sein - seit rund 30 Jahren kommt der Unternehmer bereits nach Mallorca, wo er ein Anwesen im nordöstlichen Teil der Insel sein Eigen nennt -, als Erwin Müller durch den "Mercat d'Olivar" schlendert.

Dabei fällt ihm auf, dass alle Fleischtheken fast identisch aussehen: "Trotzdem hatte einer dieser Verkaufsstände mindestens doppelt so viel Kundschaft." Er hat die Markthalle fast schon verlassen, da dreht er nochmal um, um das Geheimnis zu lüften. Und erkennt: Der besagte Stand ist "dreimal so hell ausgeleuchtet" als die anderen. Wieder daheim angekommen, hat sich daraus eine neue "Strategie" entwickelt. Erwin Müller: "Ich ordnete an, dass alle Geschäfte ab sofort mit mindestens 1000 Lux ausgeleuchtet werden."

Noch so ein Beispiel: "Mit rechten Winkeln kommt der Mensch besser zurecht als mit diagonalen Wegen", lautet eine weitere Müllersche Erkenntnis, die er sich unter anderem als Passagier auf Flügen angeeignet habe, als er die Metropolen der Welt von oben betrachtete.

Eine "Philosophie", die in der rechtwinkeligen Anordnung der Regale in seinen Drogeriemärkten zum Tragen kommt - in denen sich der Kunde ja auch tatsächlich erstaunlich leicht zurechtfindet. Und die vielen Spiegel in den Müller-Märkten haben natürlich auch ihren tieferen Sinn: Wenn mal weniger Betrieb herrsche, fühle sich der Kunde im Geschäft trotzdem weniger allein, und das sei wichtig, so Erwin Müller: "Kein Mensch geht ja auch gern in eine leere Bar."

So direkt wie er sich - auch psychologisch - an den Bedürfnissen der Kunden orientiert, will er am Alltag seiner MitarbeiterInnen teilnehmen. Seit Jahren schon, so Erwin Müller, liegen daher in allen Filialen "rote Umschläge" aus, die die Angestellten bei Wünschen oder auch Problemen mit dem Abteilungsleiter, direkt an ihn persönlich schicken können. Er lese sie alle, und spreche danach mit allen Beteiligten, so Erwin Müller.

Etwa zehn solcher Briefe erreichen ihn pro Woche, "und ich beantworte jeden persönlich und möglichst schnell". Und verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die "Verweildauer" von Müller-Mitarbeitern deutlich über dem branchenüblichen Schnitt läge: "Viele Kunden kennen das Personal schon seit Jahrzehnten - und umgekehrt."

Nähe zum Kunden wie zum Personal: Auch darin scheint eines der Erfolgsrezepte des gebürtigen Münchners zu liegen. "Absolute Loyalität" lautet, neben "fundiertem Fachwissen" und "Teamfähigkeit", denn auch eine seiner zentralsten Anforderungen an (künftige) Mitarbeiter.

Eine echte Trennung zwischen Arbeit und Freizeit scheint es für Erwin Müller selbst nicht zu geben: "Ich arbeite gern", gesteht er, und manchmal gehen Freizeitaktivitäten, wie das Züchten von Straußen - auf seinem Landsitz auf Mallorca hält der passionierte Jäger rund 25 Tiere - auch "nahtlos" in den Beruf über: Und so steht manchmal überraschend für die Belegschaft in Ulm in der Kantine "Straußensteak" auf der Mittagskarte.

Seine neueste Leidenschaft seien Mufflons (Wildschafe), die er ebenfalls vor kurzem nach Mallorca importiert habe: "Bislang sind es zehn Tiere." Solche Exoten faszinieren ihn, und dann will er mehr darüber wissen. Das gelte ebenfalls für besondere Pflanzen oder Fruchtsorten: So züchtet der Naturliebhaber auch Litschis und Mangostinen - einfach weil ihn diese Früchte faszinieren.

Für ein weiteres langjähriges Hobby, das Segelfliegen, habe er momentan allerdings kaum noch Zeit, sagt er: Früher, in seiner sportlichen Karriere, habe er mehr als zehn Weltrekorde in verschiedenen Disziplinen des Segelfliegens aufgestellt. Das Faszinierende daran sei, so Erwin Müller, dass man im Kopf frei werde "vom Geschäft" und lerne, dass "falscher Ehrgeiz tödlich enden kann". Segelfliegen sei schließlich eine der gefährlichsten Sportarten der Welt: "Eine hochkomplexe Angelegenheit."

Und wie beim Fliegen beherrscht Erwin Müller offensichtlich auch im Beruflichen den "Höhenflug" perfekt: Die Expansion des Konzerns schreitet voran. Vor wenigen Wochen eröffnete eine neue Filiale in Manacor, und europaweit sind dieses Jahr bereits weitere 50 geplant.

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