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Zur Lehre nach Deutschland

Junge Menschen aus Mallorca machen unterschiedliche Erfahrungen in "Alemania"

Olga Guerrero Ripoll machte schlechte Erfahrungen in einem Schweriner Hotel, trotzdem gibt es für sie ein Happy End.

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Olga Guerrero Ripoll

Eine Freundin schleppte sie mit zum Vortrag über das Programm "The Job of my life". Olga Guerrero Ripoll hatte eigentlich gar nicht vor, aus Mallorca wegzugehen. Am Ende war sie es, die sich für das Programm bewarb und im Sommer 2013 nach Deutschland ging.

Was der Traumjob des Lebens sein sollte, entpuppte sich leider als eine große Enttäuschung. Es war die erste Runde des Förderprogramms, zu der 40 Mallorquiner nach Deutschland aufbrachen. Olga versucht selbst aus Enttäuschungen etwas Positives ziehen, aber als sie von ihrer Zeit in Schwerin erzählt, kommen ihr die Tränen. "Ich habe es wirklich probiert, und ich wollte auch nicht zurückkehren." Von den 40 Bewerbern brechen 16 das Programm ab.

Deutsch zu lernen, war für sie der Hauptgrund, sich für das Programm zu bewerben. Sie bewarb sich als Hotelfachfrau und bekam einen Platz. Alles ging schnell, viel Zeit für lange Sprachkurse blieb nicht, obwohl laut Förderprogramm den Bewerbern bis zu 400 Stunden vorbereitender Sprachkurs zustehen. "Die Lehrer wechselten dreimal innerhalb eines Monats. Das Niveau der Leute war sehr unterschiedlich, wir haben so gut wie nichts gelernt", zieht sie ernüchtert Bilanz.

Auf Mallorca ist es "Die Akademie", die das Prozedere erleichtert und durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit erst auf das Programm aufmerksam gemacht hat. Wegen einer Kooperation mit einer Sprachschule vor Ort gehen die meisten Mallorquiner nach Schwerin oder Leipzig. Was ihr das Leben schwer machte, war aber nicht der Kampf mit der deutschen Sprache, sondern die Arbeit. Sie arbeitete in einem Vier-Sterne-Hotel. Durch die verschiedenen Abteilungen zu rotieren, gehört zum Ausbildungs-curriculum. Küche, Housekeeping, also Zimmer machen und putzen, Restaurant und Rezeption sind Pflicht. Olga mag den direkten Kontakt mit Menschen, im Restaurant fühlt sie sich wohl. In der Küche stapelt sie dagegen monatelang dreckiges Geschirr in die Spülmaschine - und lernt so gut wie nichts, auch kein Deutsch.

"Das war sehr frustrierend", erzählt sie. Sie fühlt sich regelrecht "versklavt". Auch die Unterkunft ist bescheiden. Sie teilt sich ein Hotelzimmer mit zwei anderen Mallorquinerinnen - und zahlt 150 Euro im Monat. Ihr Gehalt, das das Hotel zahlt - es sind zirka 350 Euro im Monat - stockt das Programm auf 800 Euro auf. Als sie darum bittet, in eine andere Abteilung zu wechseln, wird dies abgelehnt. Sie versucht es mehrfach, spricht direkt mit der Chefin des Hotels und den Ansprechpartnern der Sprachschule vor Ort. In erster Linie wird sie vertröstet. Schließlich hält sie es nicht mehr aus und möchte einen Wechsel in ein anderes Hotel. Das sei nicht möglich, wird ihr gesagt. Warum das so ist, bleibt für sie unklar. Olga vermutet hier eine gewisse Klüngelei. Schwerin sei klein, die Hotelwelt ebenso.

Als Tipp für andere Bewerber empfiehlt sie: "Macht das, was euch wirklich Spaß macht. Wenn ihr schon vorher wisst, dass euch zum Beispiel der Gesundheitsbereich nicht liegt, dann lasst es." Das Programm an sich findet sie aber gut. Am Ende hat die junge Mallorquinerin sich schweren Herzens für die Rückkehr entschieden. Einen Gewinn zieht sie trotzdem aus ihrer Zeit in Deutschland: Sie hat sofort einen Job an der Information am Flughafen in Palma bekommen, wo Deutsch gefragt ist. Olga freut sich darüber. Die Lust auf die Sprache ist ihr nicht vergangen.

Octavio Sartorio Adrover

Das Fazit von Octavio Sartorio Adrover nach fast einem Jahr in Schwerin fällt gut aus: "Ich kann nicht meckern." Deutscher könnte seine Antwort kaum ausfallen. Seine Erfahrung mit dem Programm "The Job of my life" ist überwiegend positiv. Und sein Deutsch? "Es geht besser und besser jeden Tag, ich bin ganz zufrieden", sagt der junge Mallorquiner stolz. Er hat inzwischen das Sprachniveau B1 erreicht. Auch er ist nicht aus purem Jux nach Deutschland gegangen. Er war länger arbeitslos, trotz Tourismusstudiums in Palma, und bekam keinen Fuß auf den Boden. Nach dem Studium ging er nach England, der Sprache wegen. Der Dauernieselregen deprimierte ihn zusehends.

Zurück in Palma, lief es jobtechnisch weiterhin schlecht. Das Programm, über das er in der Zeitung stolperte, erschien ihm reizvoll, und Lust, in einem anderen Land zu leben und Deutsch zu lernen, hatte er auch. Die deutsche Firma Winston Golf GmbH in Mecklenburg-Vorpommern wählte ihn als Bewerber aus. Er lernt nun zwischen sanften grünen Golfhügeln den Beruf des Hotelfachmanns, von der Pike auf. Im Partnerhotel "Gut Vorbek" durchläuft er die Schule des Hotelhandwerks.

Was er im Studium theoretisch und auf einer anderen Ebene lernte - hier schafft er die Basis. Wie deckt man den Tisch für ein Mehr-Gänge-Menü, wie faltet man die Bettdecke richtig und wie kreiert man fantastische Handtuchgebilde zur Freude der Gäste? Eine Woche Berufsschule pro Monat gehört dazu.

In den ersten zwei Monaten machte er ein Praktikum, das dazu dient, sich gegenseitig zu "beschnuppern". Passt mir der Arbeitgeber, passe ich ihm? Beide Seiten waren zufrieden, und die richtige Ausbildung begann im September 2013. Der Optimismus des Spaniers wurde zwischendurch auf die Probe gestellt. In der Hauptsaison waren es tageweise 16-Stunden-Schichten, die er arbeiten musste. Es wird ihm versprochen, das sei vorübergehend - die Nebensaison werde deutlich ruhiger. Octavio arrangierte sich mit den schwankenden Arbeitszeiten. Er darf ein Auto als Firmenwagen nutzen - ein Glücksfall für den Mallorquiner, und begeistert erkundet er Mecklenburg und die Umgebung. Sprachlich war es wie ein Sprung ins Eiswasser. Der einmonatige Vorbereitungskurs war zu kurz. "Ich dachte, dass ich im Notfall auf Englisch ausweichen kann." Falsch. Zumindest im ländlichen Osten Deutschlands.

Er will das Meiste aus der Zeit im Nord-Osten Deutschlands rausholen. Er treibt Sport, lernt Leute kennen und versteht sich gut mit seinen Ausbildungskollegen. "Ich bin offen, und es macht mir Spaß, Deutsch zu lernen. Inzwischen habe ich einige deutsche Freunde." Er hat eine kleine Wohnung, die ihm die Kooperationssprachschule der Akademie zur Verfügung stellt - die Miete zahlt er direkt an diese.

Und die Tatsache, dass er die Hotel-Basics lernt, findet er in Ordnung, auch wenn die Sprachprobleme ihm vorerst nur eingeschränkte Aufgaben an der Rezeption erlauben. Ganz begeistert ist er von der Betreuung der Lehrer in der Sprachschule. "Sie geben sich wirklich alle Mühe und sind sehr hilfsbereit."

Auch das viel beklagte wechselhafte deutsche Wetter zwingt ihn nicht in die Knie. So zufrieden er insgesamt ist, seine Freunde und Familie vermisst er und wenn es nach ihm ginge, würde er lieber früher nach Palma zurückkehren. Er macht das Beste draus. Und locht zuerst die Ausbildung ein.

INFO
"The job of my life"

"The job of my life" ist ein Sonderförderprogramm der Bundesregierung für betriebliche Ausbildungen in Mangelberufen, wie der Pflege und Hotellerie. Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) arbeitet mit Kooperationspartnern in Europa zusammen. Enthalten im Förderprogramm sind eine Bezuschussung des Lehrgelds, bis zu 400 Stunden Vorbereitungssprachkurs sowie ein begleitender Sprachkurs während des Aufenthalts in Deutschland. Umzugs- und Reisekosten können ebenfalls bezuschusst werden. Das Programm stößt auf extreme Resonanz, sodass seit April 2014 bis zur weiteren Klärung des Bundeshaushalts keine weiteren Bewerber aufgenommen werden können. Bewerben können sich alle, die zwischen 18 und 35 sind, aus einem EU-, einem EWR-Land oder der Schweiz stammen und bisher keine betriebliche Ausbildung absolviert haben. Zwei Drittel aller Bewerber sind Spanier. Laut Pressestelle der ZAV liegt die Abbrecherquote bei zirka zehn Prozent und damit unter dem Durchschnitt deutscher Azubis.

(aus MM 25/2014)

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