Dass auf Mallorca gut Ding viel Weile haben möchte, ist Inselkennern bekannt. Mitunter dauert es von einer Idee bis zu ihrer Umsetzung Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Ein Beispiel hierfür ist Na Burguesa, Palmas luftiger Aussichtspunkt hoch über dem Stadtteil Gènova. Wer auf der Ringautobahn vorbeifährt, der wird besonders in den Abendstunden das angestrahlte Monument mit der Heiligenfigur bemerkt haben. Die Friedensmaria, "Nostra Senyora de la Pau", steht auf einem 22 Meter hohen Turm und blickt von 265 weiteren Höhenmetern über die Bucht und das Meer vor Palma.
Exakt 30 Jahre ist es jetzt her, dass die Statue aus rostfreiem Stahl per Schwerlast-Hebekran auf den Turm gehievt wurde. Bis zu 4000 Menschen säumten damals die Straßen, um die Heilige an sich vorbeifahren zu lassen. Ein großer Tag für Gènova und Palma ging in jenem September 1985 zu Ende.
Exakt 61 Jahre hatte es gedauert, bis dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt werden konnte. Denn erstmals im Jahre 1924 hatten der Pfarrer von Gènova, Francesc Vives (so heißt noch heute die Straße, die dort zum populären Gourmet-Tempel Ca'n Pedro führt), sowie der Volkskundler Antonio Mulet Gomila, sich dafür stark gemacht, in Halbhöhenlage eine Heiligenfigur zu installieren. Der damalige städtische Architekt von Palma, Bernat Calvet, unterstützte das Vorhaben und spendete eine Fläche von 10.000 Quadratmetern. Alles vergeblich.
Erst in den 1940ern, den Jahren des national-katholischen Franquismus, wurde dort die kleine Kapelle zum "Unbefleckten Herzen Mariens" errichtet, heute ein schauerlich mit Maschendraht abgeriegeltes Bethaus. 1967 begannen die Arbeiten zu dem Turmsockel aus Betonstreben. Er ist innerlich hohl und kann nicht bestiegen werden. Auch die Straße, die nach Na Burguesa hochführt und seitdem offenbar nie wieder asphaltiert wurde, entstammt jenem Jahr.
Damals erhielt der Künstler Barrado Torres den Auftrag, eine 17 Meter hohe und 70 Tonnen schwere Engelsstatute zu schaffen. Aber das Projekt war offenbar zu kostspielig und wurde 1969 aufgegeben. Erst im Jahre 1985 wurde die Jungfrau des in Artà lebenden Skulpteurs Joan "Sarasate" Ginard Ferrer aus Saragossa an ihren heutigen Standort montiert. "Sein Werk schwankt zwischen dem Primitivismus der Volkskunst und der Strömung des Abstrakten", schrieben Kunstexperten später über die eiserne Jungfrau.
Na Burgesa ist ein eindrucksvoll vernachlässigter Aussichtspunkt: Die Bäume verdecken die Sicht ins Tal; Liebespaare, Schaulustige und Handwerker, die sich dort hinbegeben, hinterlassen mitunter reichlich Abfall und Bauschutt. Seit zwei Monaten gibt es wieder ein Restaurant. Bleibt zu hoffen, dass mit dem neuen Pächter dort auch das Umfeld mehr Pflege erfährt.
(aus MM 37/2015)