Jeder, der in der Inselhauptstadt unterwegs ist, hat diese ältere Frau vielleicht schon einmal mit ausgestreckter Hand stehen gesehen. Josefa C. lebt seit nunmehr 26 Jahren als Bettlerin in Palma de Mallorca. Für sie ist es wie eine Arbeit, täglich, ohne Urlaubs- oder Feiertage. Bei Sonne, Regen oder Wind platziert sich die Spanierin vor der Sant-Miguel-Kirche im Stadtzentrum und bittet die Passanten um Almosen.
Wie kommt es dazu, dass jemand fast drei Jahrzehnte auf der Straße bleibt? Josefa kam als Kleinkind mit ihrer Familie aus Andalusien nach Mallorca. Noch nie war sie irgendwo richtig in Lohn und Brot, und das liegt nach ihrer Aussage nicht daran, dass sie nicht arbeiten möchte. Vielmehr macht es ihr eine Rückenverletzung unmöglich, eine Arbeitstätigkeit auszuüben.
Täglich würde die Frau zwischen 12 und 15 Euro sammeln können, mit denen sie ihre Familie, fünf Kinder und 16 Enkel, ernährt, berichtete die spanische Tageszeitung Ultima Hora am Mittwoch. "Seit der Krise und der neuen Konkurrenz muss man sich mit viel weniger Almosen begnügen", sagt Josefa. Mit der Konkurrenz meint sie nicht nur die vielen Mallorca-Arbeitslosen, sondern Zuwanderer aus Rumänien, die seit der EU-Angliederung nun ebenfalls in Palma bettelten.
Gläubige, die täglich an der Messe in der Sant Miguel Kirche teilnehmen, kennen Josefa. Sie hilft einer Mutter mit dem Kinderwagen oder bietet sich an, den Rollstuhl eines älteren Mannes mit anzuschieben. Wenn der Gottesdienst dann vorbei ist, hält sie den Besuchern wieder Tür und Hand auf. (ac)