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Der Deutsche, der mit 100 Jahren nach Mallorca zog

Im Kopf immer noch fit: Von Santa Ponça aus verfolgt Willi Hinter auch das Geschehen in Deutschland. | mb

| Mallorca |

Willi Hinter sitzt im Rollstuhl und wartet vor dem Haus. Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie waren Besuche in der Seniorenresidenz Es Castellot in Santa Ponça verboten, und auch in der sogenannten „Neuen Normalität” sind sie noch eingeschränkt. In sein Zimmer dürfen nur er und das Personal. Noch nicht einmal sein Sohn hat Zutritt.

Hinters guter Laune tut dies keinen Abbruch. „Wie geht es Ihrer Zeitung”, fragt er fröhlich zur Begrüßung. Ein Jahr ist es her, dass er MM ein Interview gab. Was sich nun wiederholt. Denn am Montag, 10. August, feiert er Geburtstag. 102 Jahre wird er alt. Das Jahr sei im Flug vergangen, meint er und sagt lachend: „Im Nu ist man 105, das haben mir die Fachärzte prophezeit.”

Willi Hinter ist der Mann, der im April 2019 mit 100 Jahren in den Flieger stieg und von München nach Mallorca zog. Weil sein Sohn, der Drehbuchautor Jan Hinter, sich viel auf der Insel aufhält, schaute er sich bei einem Besuch Es Castellot an. „Der Wohnbereich und die ganze Umgebung waren sehr schön. Da habe ich gesagt: Ich bleibe hier”, erzählt der betagte Auswanderer. Eine Umstellung war das schon. Doch mittlerweile hat er sich eingelebt und erfreut sich an seinem neuen Wohnort am Mittelmeer.

Auch die Bekanntschaften von zwei Damen hat er gemacht. Die eine stamme aus Berlin und lebe schon lange in es Castellot, die andere Dame stamme aus der Schweiz. Sie lese ihm aus der „Apothekerzeitung” vor, die im sein Neffe immer schicke.

Die Kontakte werden freilich nicht einfacher, denn das Alter fordert seinen Tribut. Das Gehör hat nachgelassen, das Sehvermögen auch. Doch im Kopf ist Hinter immer noch fit. Einen kurzen Regenschauer in Santa Ponça nimmt er zum Anlass, über das derzeit wechselhafte Wetter in Deutschland und die Folgen für die Landwirtschaft zu sprechen.

Und er erinnert sich an vieles, an seine Kindheit in Breitscheid, einem kleinen Ort im Westerwald, seine Ausbildung zum Kupferschmied, obwohl er lieber Förster werden wollte, wie er als Soldat im Zweiten Weltkrieg von Warschau bis ans Schwarze Meer marschierte, ohne Abitur Offizier wurde, sich bei Kriegsende aus dem Harzkessel davonmachte und bis nach Hause durchschlug, wie er erst Schreinermeister und dann als Oberleutnant Berufssoldat bei der Bundeswehr wurde und anschließend noch Lagerverwalter für die Farbwerke Höchst war. Wenn Hinter so auf sein Leben zurückblickt, sagt er: „Ich kann sehr zufrieden sein.”

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