Wohl jeder, egal ob Spanier, Russe oder Deutscher, wird sich wohl an folgende Strophen aus seiner Kindheit erinnern können: „Moskau, Moskau, wirf die Gläser an die Wand,Russland ist ein schönes Land.” Sie stammen von der deutschen Popgruppe Dschinghis Khan, die von 1979 bis 1985 ihre größten Erfolge feierte.
Mit dem auf Mallorca lebenden Sänger Stefan Track feiert die populäre Band, die sich eigentlich 1983 schon aufgelöst hatte, seit einigen Jahren ihr Comeback. Eigentlich ist Track jedoch 2005 per Zufall zu der Popgruppe gestoßen, als er am Staatstheater am Gärtnerplatz in München arbeitete. „Als ich die Einladung für ein Casting für ein Reunion-Konzert der Band erhielt, dachte ich erst, es wäre ein Scherz! Ich bin in den Raum mit diesen Dschinghis Khanen hereingetreten und musste weder vorsingen noch vortanzen. Da guckten die mich nur an und sagten: Ja, der macht es!”
Anfangs war der ursprünglich aus Aalen stammende Track auch für die Choreografie der Band verantwortlich. Der erste Auftritt in Russland war dem Sänger zufolge ein immenser Erfolg. Bei den anderen Bandmitgliedern hätte sich das Publikum jedoch gefragt: Wer sind diese alten Menschen auf der Bühne? Die anderen Musiker der populären Gruppe, die 1979 beim Eurovision Song Contest den vierten Platz belegten und jahrelang die internationalen Charts und Hitparaden stürmten, sind heute bereits über 70 oder 80 Jahre alt.
Zunächst ging Stefan Track davon aus, dass die Performance, bei der er mit Perücke und im Mongolen-Kostüm auftreten musste, ein einmaliger Auftritt war. Doch die Anfragen aus Russland rissen nicht ab, sodass Stefan Track zurück auf die russische Bühne sollte. Sein Musikmanager Marichal Navarro, der heute auch Tracks Lebensgefährte ist, empfahl ihm, als Solokünstler in die Fußstapfen der legendären Band zu treten. Und so kam es, dass Track das Projekt „The Rocking Son of Dschinghis Khan” startete.
Ganz passend dazu ist, dass es auch in dem gleichnamigen Song um einen Sohn, geht, der sich von seinem Vater, einem Mongolen-Herrscher, loslöst. Auch ein Musikalbum mit den alten Hits von Dschinghis Khan und neuen Liedern wurde produziert. 2019 lernte Track den spanischen Musikproduzenten Luis Rodríguez kennen, der unter anderem mit Dieter Bohlen für Modern Talking arbeitete. Rodríguez schrieb „Die Straßen von Paris” und weitere Titel für Track. Der Künstler sagt: „Dschinghis Khan ist auch 40 Jahre nach seiner Gründung ein Phänomen.”
Das neueste Album mit dem Titel „Here we go” schaffte es einen Tag nach seiner Erscheinung vier Wochen in Japan auf Platz eins zu sein. Bis zur Corona-Zeit bewältigte Stefan Track bis zu 100 Konzerte weltweit im Jahr. Nun soll es im Herbst mit ersten Touren in Rumänien und Ungarn wieder losgehen. Bei seinen Auftritten tritt der heute 50-jährige Künstler, mit historischer Kostümierung samt Perücke, in die Rolle des mongolischen Herrschers.
Parallel dazu hat der musikalische Tausendsassa jüngst ein weiteres Projekt mit dem Namen „Nameless” ins Leben gerufen. Hierfür entstand vor wenigen Wochen der Song „Star of the Night”, der sich für Diversity und gegen Rassismus einsetzt. Momentan ist Track als Jury-Mitglied auf Sat1 bei „All Together Now” zu sehen. Um künstlerisch auf der Höhe zu sein, nimmt Track, der übrigens niemals Gesang und Tanz studierte, so oft es geht, Gesangsunterricht bei der australischen Dozentin Jane Comerford.
Auf Mallorca lebt der Musiker bereits seit 2009. Hier hat er sich mit seinem Restaurant Goli in Porto Petro beruflich ein zweites Standbein aufgebaut. „Wenn ich da bin, stehe ich auch gerne in der Küche. Doch letztendlich sehe ich mich mehr als Musiker denn als Gastronom”, sagt Track. Neben einer mediterranen Fusion-Küche gibt es hier auch Reh mit Spätzle.
Seine Lebensaufgabe hat der Künstler eigenen Angaben zufolge jedoch im Tierschutz gefunden. Mit seinem Partner Marichal Navarro wohnt er in Cas Concos auf einer großen Finca. Hier haben die beiden auf 14.000 Quadratmetern ein Refugium für misshandelte Tiere geschaffen. Neben Hunden, Katzen, Schweinen, Pfauen und Gänsen haben dort auch drei Strauße viel Platz, um sich auszutoben. Sein Zuhause ist für Stefan Track auch ein Kraftort, um sich zu erden: „Wenn ich von einem Konzert nach Hause komme, ist es meinen Hunden egal, ob ich zuvor noch in einem Stadtion vor 60.000 Menschen bejubelt worden bin.”
In der Corona-Zeit hat Stefan Track zudem eine neue Leidenschaft entdeckt – die Malerei. Rund 50 naive Kunstwerke und Drucke sind bereits auf diese Weise entstanden. „Ich bin kein Maler, doch ich habe angefangen, etwas herumzubasteln.” Als Track die Bilder online postete, waren sie wider Erwarten sehr gefragt. Jedes Werk entwirft Track nur einmal. Es sind somit allesamt Unikate.
(aus MM 27/2022)