Am Anfang war das Boot. Natürlich nicht irgendein Boot. Vielmehr handelte es sich um eine Legende der Meere, die rund 15 Meter lange „Container”, ein aus Karbon gebackener Hightech-Segler, mit dem Deutschland 1993 erstmals den prestigeträchtigen Admiral’s Cup der Nationen gewann.
Dessen Eigner, der Großindustrielle Udo Schütz, überließ im Frühjahr 2012 einer Gruppe von befreundeten und auf Mallorca ansässigen deutschen Skippern seine „Container” zum symbolischen Preis von einem Euro. Die Freunde, zu denen auch einige der ehemaligen Crew-Mitglieder des Siegerteams von 1993 gehörten, hatten mit dem für Offshore-Rennen konzipierten Segelboot einen ganz besonderen Plan.
„Wir gründeten in Deutschland einen gemeinnützigen Verein unter dem Namen Mediterranean Yacht Club, oder kurz MYC”, erzählt Uli Heisler, Gründungsmitglied und seit ein paar Jahren Vereinsvorsitzender. „Ziel des MYC war und ist es nach wie vor, deutsche und andere ausländische Teil- und Vollzeitresidenten auf der Insel zusammenzubringen, um gemeinsam Regatten zu segeln oder einfach nur ein paar schöne Stunden auf dem Wasser zu verbringen.”
Mittlerweile sind fast genau zehn Jahre vergangenen, seitdem die ersten Mitglieder an Bord des zur „MYC ONE” umgetauften Segelbootes gingen, die ihren Heimathafen in Port d’Andratx hat. Immer noch unglaublich ist der Jahresmitgliedsbeitrag im MYC. Der beträgt nämlich nur 300 Euro, dazu kommen noch einmal 25 Euro für jeden Ausflug, den man auf dem Boot gemeinsam unternimmt. Ein Mega-Schnäppchenpreis angesichts der Tatsache, dass der durchschnittliche Charter-Preis für eine vergleichbar große Segelyacht auf Mallorca mit mindestens 1800 Euro pro Woche zu Buche schlägt.
Klingt verlockend. Kann denn jeder Mitglied werden? „Grundsätzlich ja, die Vereinsleitung behält sich aber das Recht vor, darüber zu entscheiden, wer aufgenommen wird”, erklärt Heisler, der seit vielen Jahren als Yachtbroker für exklusive Segelyachten auf Mallorca tätig ist. Grundsätzlich sollte eine Affinität zum Segelsport vorhanden sein. „Wir bieten keine Ausbildung zum Segelschein an. Bei uns kann man aber lernen, wie es an Bord eines professionellen Regatta-Bootes zugeht.” Neumitglieder werden zuallererst nach ihren Kenntnissen und Praxis-Stand in eine von verschiedenen Crew-Kategorien eingeteilt. Im Laufe der Zeit können sie dann den Co-Skipper oder Skipper-Status erreichen, der ihnen das Kommando an Bord erlaubt. „Die MYC ONE ist kein konventionelles Segelboot, sondern erfordert besondere Kenntnisse in seiner Handhabung. Das gilt auch für die Crew, die bei allen Manövern im und außerhalb des Hafens sicher und souverän angeleitet werden muss”, sagt Heisler. Absolute Anfänger wären mit dieser Situation an Bord wohl eher überfordert.
Jedes Mitglied kann über den eigenen Zugang zum Online-Veranstaltungskalender des Vereins einen „Event” vorschlagen beziehungsweise erstellen, also eine Ausfahrt mit dem Boot. Finden sich für das vorgeschlagene Datum mindestens sechs weitere Mitglieder, von denen mindestens einer den Status des Skippers trägt, kann es aufs Wasser gehen. „Bei den meisten Events handelt es sich um zwei- bis vierstündige Übungstörns. Dabei werden spezielle Manöverabläufe trainiert. Im Sommer geht es aber häufig auch einfach nur mal so zum Baden hinaus”, sagt Heisler. In den Wintermonaten nimmt der Verein dagegen mindestens einmal im Monat an einer der hauseigenen Segelregatten des Yachtclubs von Port d’Andratx teil. Dafür sei das Boot ja auch prädestiniert.
Wer jetzt der Meinung ist, der MYC wäre ein Auffangbecken für ambitionierte Regatta-Cracks, der irrt. „Es geht nicht alles nur um Knoten”, scherzt Vereins-Präsi Heisler. Ganz im Gegenteil. Im Laufe eines Jahres organisiert der Club auch Events an Land. Das Spektrum reicht von Wanderausflügen in der Tramuntana über Barbecue-Partys auf einer Finca bis zu gemeinsamen Konzert- oder Strandbesuchen. „Einige Mitglieder haben in diesem Jahr schon eine gemeinsame Skireise unternommen. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt”, so Heisler.
Hinsichtlich der verschiedenen Nationalitäten im Verein dominierten zwar Mitglieder aus deutschsprachigen Ländern, es seien aber auch viele Engländer und Skandinavier mit an Bord. „Auf dem Boot sprechen wir aus diesem Grund immer Englisch, Kommunikationsprobleme gibt es damit eigentlich kaum”.
Wichtig ist Heisler aber vor allem, dass sich jedes Mitglied aktiv in den Club einbringt. „Wir sind ja kein Dienstleistungsanbieter, der einfach nur günstige Segelausflüge anbietet. Sowohl an Bord als auch an Land müssen die Mitglieder mit anpacken, um den Club am Laufen zu halten”. Dazu gehört beispielsweise die Bereitschaft zur Mitarbeit bei Wartungs- und Reparaturarbeiten am Boot. Oder die Übernahme von organisatorischen Aufgaben für gemeinsame Events, Törnausflüge oder Anmeldungen zu Regatten. Der Verein funktioniere nur dann, wenn jedes Mitglied sich für ihn auch einsetze. Oder wie es Heisler auf den Punkt bringt: „Man kann bei uns eigentlich nichts falsch machen. Nur nichts zu machen, wäre ganz falsch.”
Der Verein lädt alle Interessierten dazu ein, einmal vorbeizukommen. In den vergangenen Jahren hätten sich zahlreiche Freundschaften, aber auch Romanzen und Beziehungen zwischen Vereinsmitgliedern ergeben. Am Anfang stand dabei immer das Boot.
Info zum MYC
auf Facebook oder unter Tel. (0034) 661 2759 70