Rein rechnerisch müsste der deutschsprachige Weihnachtsgottesdienst in Palmas Kathedrale schon über fünf Jahrzehnte zählen. Doch da die traditionelle ökumenische Christmette aufgrund der Corona-Pandemie in den vergangenen beiden Jahren ausfallen musste, feiert die deutschsprachige Gemeinde auf den Balearen im Jahr 2022 offiziell nun das 50-Jahre-Jubiläum. Die Veranstaltung gilt als der größte deutschsprachige Gottesdienst im Ausland weltweit.
Das Debüt in der Kathedrale hatte 1971 stattgefunden. Damals gab es – neben einer noch sehr kleinen deutschen Community an Residenten – sehr viele deutsche Langzeiturlauber, die auf Mallorca überwinterten. Schon in den Vorjahren war der Wunsch stark geworden, an Weihnachten einen Gottesdienst für diese Menschen in ihrer Muttersprache zu organisieren. Dazu galt es auch Hürden zu nehmen. Der damals als erster Urlauberseelsorger der evangelischen deutschen Kirche nach Mallorca entsandte Pfarrer Karl-Ernst Patzer erinnerte sich später in einem Brief an jene Zeit: „Nach einem sehr schweren Anfang – ich hatte damals schon einige Male die Koffer gepackt – durfte ich doch durch Gottes gnädige Führung die Freundschaft der Franziskaner und die wirklich väterliche Unterstützung des damaligen Bischofs von Mallorca erleben. Er gab mir auch die Erlaubnis für den ersten ökumenischen Weihnachtsgottesdienst im Jahre 1971 in der Kathedrale von Palma.”
Brüderlich unterstützt wurde Patzer damals auch von seinem katholischen Kollegen, dem deutschen Pfarrer Heinrich Hollemann. Als die beiden am 24. Dezember 1971 gegen 16 Uhr die Sakristei der Kathedrale verließen, um zum Altar zu schreiten, mussten sie über zahllose Menschen hinwegsteigen, die bis in den Chor hinein dicht gedrängt zum Teil auf dem Boden saßen, um bei diesem allerersten Gottesdienst dabeizusein. Legendär sind die Worte von Pfarrer Patzer, mit denen er die Besucherinnen und Besucher am Mikrofon begrüßte: „Ja, wo kommt Ihr denn alle her?”
2022 ist es nun das evangelische Pfarrerehepaar Holmfried Braun und Martje Mechels, das für den ökumenischen Gottesdienst verantwortlich ist. Wie seit einigen Jahren bewährt, stehen gleich zwei Termine zur Auswahl: Der frühe Gottesdienst beginnt um 15.30 Uhr, der spätere um 17 Uhr. Bei den Veranstaltungen wird mit insgesamt 5000 Besuchern gerechnet.
Die Christmette wird im Jahresrhythmus abwechselnd von der katholischen und der evangelischen Gemeinde organisiert, die Gestaltung des ökumenischen Gottesdienstes nimmt das Pfarrerehepaar gemeinsam mit seinem deutschen katholischen Kollegen, Pfarrer Andreas Falow, wahr. Mit dabei ist darüber hinaus die spanische katholische Kirche, vertreten durch das Bistum von Mallorca. Pfarrerin Martje Mechels erläutert: „Der Bischof von Mallorca, Sebastià Taltavull i Anglada, wird ein Grußwort sprechen und zum Abschluss seinen Segen spenden.” Und Holmfried Braun kündigt an: „Im Wechsel mit Andreas Falow werden wir in diesem Jahr das Weihnachtsevangelium lesen.”
Bei den Vorbereitungen für das heilige Fest am 24. Dezember, das Mechels und Braun erstmals in der Kathedrale durchführen werden, holten sie sich Ratschläge. „Wir haben mit der früheren Insel-Pfarrerin Heike Stijohann telefoniert und ließen uns Tipps geben – angefangen davon, wo man Gesangstexte drucken kann, bis hin zu den Armbinden für die zahlreichen Helfer”, sagt Martje Mechels. Insgesamt 30 Ehrenamtliche seien bei den Gottesdiensten vor Ort, um etwa Besuchern im Rollstuhl zu helfen, Textblätter zu verteilen oder die Kollekte einzusammeln.
Auch das musikalische Programm wollte organisiert sein. So konnte, wie Braun erklärt, Domorganist Tomeo Mut für den deutschen Gottesdienst gewonnen werden. Zudem werden die Mezzosopranistin Waltraud Mucher und der Saxofonist Norbert Fimpel die Christmette musikalisch begleiten.
Die Weihnachtsbotschaft sei Pfarrer Braun zufolge gerade jetzt wichtiger denn je: „Damals, in der biblischen Zeit, verkündeten die Engel ‚Frieden auf Erden’ – in einem von den Römern besetzten Landstrich. 2000 Jahre später ist diese Botschaft in einem Europa, in dem in der Ukraine Krieg herrscht, höchst aktuell.”
Für die deutschsprachige Gemeinden und ihre Mitglieder auf der Insel hat dieser Gottesdienst in der Kathedrale eine außergewöhnliche Tradition, betont Braun. In den beiden vergangenen Jahren sei er nach der coronabedingten Absage besonders schmerzlich vermisst worden. „Gerade Weihnachten ist ein Fest, an dem man die Weihnachtsgeschichte hören und Weihnachtslieder in der eigenen Sprache singen möchte”, sagen Braun und Mechels, denn: „Das ist mit vielen Erinnerungen an die Kindheit und die Familie verbunden.”
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