Wenn Biel Ruiz durch die Straßen von Palma zieht, unterscheidet ihn auf den ersten Blick wenig von den anderen anderen Bewohnern der Inselhauptstadt. Wie jeden Morgen macht der 82-jährige Spanier, der ursprünglich aus Tarragona stammt, seine Erledigungen wie Arztbesuche oder Einkäufe. Am Abend kehrt er dann in sein Zuhause zurück: eine Höhle auf dem Gelände von Son Puigdorfila Vell. Dort lebt der 82-jährige schon seit 22 Jahren mit 14 Ziegen, zwei Hunden und einigen Hühnern. Seine Hütte baute sich der Spanier komplett alleine auf.
Die kleine runde "Eingangshalle" dient gleichzeitig als Küche, Wohnzimmer und Dusche. Im hinteren Teil des Raumes, der sich in einer Höhle befindet, die wegen der Feuchtigkeit mit Pappe geschützt werden muss, befindet sich ein Gemälde, das Jesus Christus zeigt. Dort steht auch sein Bett. Bei schönem Wetter unternimmt Biel Ruiz am liebsten lange Spaziergänge. "Ich bin ein gläubiger Mensch und trage immer ein Kreuz am Hals", erklärt er der spanischen MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" im Interview.
Da der 82-Jährige allerdings gesundheitlich angeschlagen ist, spielt er immer wieder mit dem Gedanken in seine Heimatstadt Tarragona zurückzukehren oder stattdessen in eine Sozialwohnung nach Palma zu ziehen. Dort steht er allerdings schon seit Jahren auf der Warteliste. "Ich würde gerne in eine Wohnung ziehen und morgens in den Wald kommen, um mich um das Land und die Tiere zu kümmern. Aber ich kann das alles nicht aufgeben. Was passiert dann mit meinen Ziegen? Ich werde hier wohl sterben", sagt Ruiz.
Biel Ruiz hat weder schreiben noch lesen gelernt. Im Alter von 21 Jahren verließ er sein Elternhaus in El Catllar, Tarragona, und zog nach Mallorca. Dort war er jahrelang in der Landwirtschaft tätig. Seitdem er auf der Insel lebt, hatte er immer Arbeit. Zuletzt kümmerte er sich um ein Haus in Sa Calatrava. Außerdem war er zwischenzeitlich im Besitz einer Wohnung in der Nähe der Calle Sindicat, in der Innenstadt von Palma. "Ich habe das Eigentum schließlich verloren. Ich war ein Partylöwe und ein Trunkenbold", so Ruiz. Biel liebt Palma, aber er glaubt, dass es nicht mehr die Stadt ist, die er kannte: "Früher waren die Viertel freundlicher, es gab mehr Nähe. Ich habe mich immer gut amüsiert. Heute ist es schwierig, Arbeit zu finden."
Nachdem er mehrer schwierige private Episoden erlebt hatte, beschloss Ruiz schließlich, eine Hütte auf dem Friedhof zu errichten. Es war nicht das erste Mal, dass Biel auf der Straße lebte. Als die Polizei ihm vom Grundstück warf, suchte er sich eine andere Uunterkunft. Er ging unter einen Johannisbrotbaum in der Nähe des Colegio San Cayetano, wo er es eine Woche lang aushielt, bis er letztendlich seine jetzige Höhle fand.
"Ich hatte in meinem Leben schon viele Unfälle, die alle auf Alkoholkonsum und ein schlechtes Leben zurückzuführen waren. Als ich in die Höhle kam, hatte ich immer noch viel getrunken. Einmal bin ich hier gestürzt und habe mir die Stirn aufgeschlagen. Seitdem habe ich keinen einzigen Tropfen Alkohol mehr angerührt", erklärt er.
In dem Waldstück leben außer Biel Ruiz auch noch zwei weitere Obdachlose. Einer lebt in einer verlassenen kleinen Stierkampfarena. Der andere versteckt im Laubwald. Manchmal telefoniert Biel mit einem seiner Brüder, dem einzigen, der ihn vor langer Zeit noch besucht hat. "So zu leben wie ich, ist schwer, aber man gewöhnt sich daran. Vor allem, wenn man im Wald aufgewachsen ist."