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Kinofilm "Perdiendo el Norte"

"Perdiendo el Norte" läuft in Palma im Festival Park, in den Cines Ocimax sowie in den Multicines Manacor. | Foto: Archiv Ultima Hora

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Braulio stolpert auf hohen Absätzen durch das Bild. Er muss im gestellten Skype-Gespräch, in dem der schöne Hugo seine noch schönere spanische Freundin beeindrucken möchte und ihr den großen beruflichen Erfolg vorgaukelt, als Sekretärin herhalten. Keiner darf wissen, dass der gut ausgebildete Hugo in Berlin in Wirklichkeit Teller in einem Restaurant wäscht.

Regisseur Nacho García Velilla hat sich für Humor als Stilmittel entschieden. Das Thema an sich ist ernst: Die verlorene junge Generation in Spanien, der Brain-Drain eines Landes, während den zurückbleibenden Eltern wegen privater Insolvenz die Möbel aus dem Haus getragen werden. Der Film "Perdiendo el norte" (auf Deutsch: Vom Weg abkommen, das Ziel aus den Augen verlieren) ist vergangene Woche in Spanien angelaufen und schon jetzt ein Kassenhit.

Die Handlung: Hugo und Braulio (Yon González und Julián López), der eine mit zwei Uniabschlüssen und einem Master in Wirtschaft, der andere ein junger Nachwuchswissenschaftler in der Molekularbiologie, haben vergeblich versucht, einen Job in Spanien zu ergattern. Die Mittel für Braulios Labor werden weggekürzt und Hugo möchte nicht in die Firma des Vaters seiner Freundin eintreten, denn dieser hält ihm zur Begrüßung auch nach Jahren statt der Hand die Autoschlüssel hin: Hugo soll seinen Wagen parken.

Sie sind planlos, bis zu dem Tag, an dem sie die Sendung "Spanier weltweit" sehen. Dort trompetet ein Landsmann sein berufliches Glück vollmundig vor dem Brandenburger Tor in die Kamera. Deutschland, das Land, in dem "La Merkel" mit eiserner Hand regiert und wo dank ihres Sparkurses in den Augen vieler Spanier "Milch und Honig fließen" - dort erhoffen sich auch die beiden berufliches Glück und packen die Koffer.

Zeit zum Deutschlernen bleibt nicht und so holpert Braulio mit einem kaum verständlichen Spanisch, in das er ein paar deutsche Vokabeln streut, durch Berlin. Hugo ergeht es ähnlich - bei Vorstellungsgesprächen wird schnell klar, dass es so mit dem Traumjob nicht klappen wird. Das große Ego schmilzt wie Schokolade in der Sonne und bald sehen sich die beiden gezwungen, für ihren Vermieter in einem Kebabrestaurant in Berlin Kreuzberg zu arbeiten.

Sie kämpfen sich durch und erleben Freundschaft zwischen Spaniern im "Exil", (fantastisch José Sacristán als eigenbrötlerischer Nachbar, der schon im Emigrationsklassiker "Vente a Alemania, Pepe" mitgespielt hat).

Ja, es werden Klischees bedient. Die jungen Spanier hängen an ihren Familien und in Berlin weht ihnen am Hauptbahnhof ein kalter Wind entgegen. Die Deutschen, die stark - zu stark - im Hintergrund bleiben, wirken ein wenig eingestaubt und blass und der Türke mit dem Kebabrestaurant trägt das Hemd weit offen und seinen männlichen Stolz spazieren.

Aber die Stereotypen sind mit dem nötigen Humor gewürzt und rutschen selten ins grenzenlos Alberne ab. Man lacht, wenn der psychisch instabile spanische WG-Mitbewohner den korrekten und ein wenig ernsten Braulio zur Samenspende animiert - aus lauter Verzweiflung, versteht sich. Die Nägel an der linken Hand hat er sich lackiert "so hast du das Gefühl, dass es dir jemand anderes macht", ermuntert er den erschrockenen Biologen.

Doch das Lachen bleibt häufig im Hals stecken, weil all das so nah an der Realität dran ist. Einer Wirklichkeit, die man auf Mallorca selbst hautnah miterlebt, wenn Freunde ins Ausland gehen, um dort ihr Glück zu finden, wenn Deutschkurse boomen - nicht weil Spanier die zischenden Laute so wohlklingend finden, sondern weil es ihnen vielleicht zu einem Job verhilft.

Aber der Film zeigt auch, dass die Krise ihr Gutes haben kann. Junge Spanier, die sonst eher ihrem Land eng verhaftet blieben, gehen von zu Hause fort. Das erweitert den Horizont, wenn man sich darauf einlässt. Auch Braulio und Hugo finden ihr Glück und sie merken, dass dies nicht gleichzusetzen ist mit Einzelbüro und Ehe. Stattdessen zählt: Sich selbst treu und authentisch sein und nicht vergessen, woher man kommt.

(aus MM 11/2015)

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