Utz Claassen ist nicht nur Präsident des Fußballzweitligisten Real Mallorca, sondern auch des Festivals Música Mallorca. In einem MM-Interview wagte er diese Prognose: In 200 Jahren würden Gruppen wie ABBA, die Beatles und Bee Gees als Klassiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts betrachtet werden.
Angesichts der zahlreichen Tribute-Bands weltweit stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung nicht längst ihren Lauf genommen hat. Als Tribute-Bands werden Pop- und Rock-Gruppen bezeichnet, deren Ziel es ist, ihr jeweiliges Vorbild so originalgetreu wie möglich zu imitieren - oft bis hin zum Aussehen und Auftreten.
Auch auf Mallorca lässt sich dieses Phänomen beobachten. In kleinem Stil seit jeher in Hotels, in größerem Stil auch auf Konzertbühnen. Erst im Juli machte die argentinische Gruppe DSR/God Save the Queen auf ihrer Tournee in Son Fusteret halt. Kein Geringerer als Deep-Purple-Bassist Roger Glover bezeichnete sie als eine der besten Queen-Copy-Bands. Als Vorgruppen huldigten die Lokalmatadoren Coldday und High Voltage ihren Idolen Coldplay und AC/DC.
Die Psychedelic- und Progressive-Rockband Pink Floyd wird am Mittwoch, 16. Oktober, im Trui Teatre in Palma auf den Altar gehoben. The Pink Tones heißt die madrilenische Gruppe, die von sich sagt: "Wir wollten ein Spektakel schaffen, das die magischen Shows von Pink Floyd wiederbelebt, mit einem Sound, der möglichst genau den Platten gleicht, die wir zu Hause hörten."
Das behaupten freilich auch alle anderen Tribute-Bands, deren Vorbilder von A wie ABBA bis Z wie ZZ Top reichen. Ebenso die menorquinische Gruppe The Other Side, die am Freitag, 30. Oktober, im Auditorium in Palma das 40-jährige Jubiläum des Pink-Floyd-Albums "Wish You Were Here" feiert, oder die italienische Band Remember Queen, die am Samstag, 14. November, ebenfalls im Auditorium auftritt. Deren Sänger Piero Venery und Gitarrist Vito Damatteis werden gar so angepriesen: In Spielweise, Aussehen und Bühnenpräsenz glichen sie verblüffend den Originalen Freddie Mercury und Brian May.
Was in den 70er Jahren mit Elvis-Imitatoren und der Beatles-Revival-Band begann, hat sich zu einem beliebten Zweig innerhalb der Pop- und Rockszene entwickelt. Ob Abba oder Beatles, Rolling Stones oder Deep Purple, Queen oder Genesis - alle "Klassiker" haben zahlreiche Nachahmer gefunden, alle ihre Erfolge lassen sich nach Noten nachspielen.
Möglicherweise um sich in der Unzahl der Konkurrenten zu positionieren, gehen The Pink Tones deshalb einen Schritt weiter: "Wir fühlen uns nicht als Tribute-Band, sondern wie Philharmoniker einen Mozart interpretieren, so interpretieren wir Pink Floyd."
Dies sieht der Hamburger Musikwissenschaftler Marc Pendzich anders. Ihm zufolge tun die Musiker so, als wären sie jemand anders, und das Publikum macht sich vor, es wäre auf einem Original-Konzert. Der Popkulturforscher Robert J. Thompson bezeichnet Tribute-Bands gar als "lebende Museen populärer Musik".
Auch die Meinung der Imitierten über die Imitate geht weit auseinander. So soll Ex-Beatle Ringo Star einst 500.000 Mark geboten haben, wenn die Beatles Revival Band ihre Aktivitäten einstelle.
Pink-Floyd-Gitarrist David Gilmour besuchte dagegen mehrmals die Australian Pink Floyd Show und lud die Band zu seinem 50. Geburtstag nach London ein. Und Phil Collins empfing 2004 vor einem Konzert in Stuttgart die Tribute-Band Phil zum Gespräch unter Kollegen, und deren Sänger Jürgen Mayer durfte während des Konzerts sogar zusammen mit Collins singen.
INFO
The Pink Tones
Freitag, 16. Oktober, 21 Uhr
Eintritt: 31 Euro
Karten: www.truiteatre.es und Theaterkasse
Trui Teatre, Camí de Son Rapinya 29, Palma
The Other Side
Samstag, 30. Oktober, 21 Uhr
Eintritt: 32 Euro
Karten: www.auditoriumpalma.com und Kasse Auditorium
Auditorium, Paseo Marítimo 18, Palma
Remember Queen
Freitag, 14. November, 21 Uhr
Eintritt: 32 Euro
Karten: www.auditoriumpalma.com und Kasse Auditorium
Auditorium, Paseo Marítimo 18, Palma
(aus MM 42/2015)