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Evolution Film Festival will "eine Brücke schlagen"

Festivaldirektorin Sandra Seeling: "Geh mal was gucken, wo du denkst, das ist nichts für dich. Vielleicht wirst du ja positiv überrascht." | Patricia Lozano

| Mallorca |

Das Evolution Mallorca Film Festival, das am Donnerstag mit einer Gala samt Oscar-Preisträger Paul Haggis eröffnet wurde, ist im sechsten Jahr vom Angebot her umfangreicher und vielfältiger denn je. MM sprach mit der Direktorin und Gründerin Sandra Seeling-Lipski über Gäste, Mission und Motto des Festivals.

Mallorca Magazin: Frau Seeling, nach Danny DeVito kommt diesmal der Regisseur und Drehbuchautor Paul Haggis zum Evolution Film Festival. Wie kriegt man einen dreifachen Oscar-Gewinner dazu, nach Mallorca zu kommen?

Sandra Seeling: Paul hatte schon von dem Festival gehört und fand gut, was wir auf die Beine stellen. Es hat einfach gepasst. Das ist auch ein bisschen Glück und hat damit zu tun, im richtigen Moment irgendwo zu sein und irgendwo anzurufen.

MM: Woher kannte er das Festival?

Seeling: Durch Instagram. Er ist auf dieser Plattform sehr aktiv und hat dort unsere Seite gefunden, hat sie geliked und Bilder kommentiert. Ich habe dann geantwortet, bin ihm auch gefolgt. Dann fingen wir an, darüber zu reden, mailten uns, überlegten uns, wie es wäre, wenn er käme.

MM: Und wie kamen Sie an Ari Gold?

Seeling: Er hat seinen Film wie alle anderen Filmemacher ganz offiziell eingereicht. Sein Film hat etwas Grandioses, so etwas Altamerikanisches aus den 1920ern, und ich fand, dass er gut ins Teatre Principal passt.

MM: … wo sein neuester Film "The Song of Sway Lake" bei der Eröffnungsgala gezeigt wird.

Seeling: Wir hatten das letzte Jahr ja bei der Gala einen spanischen Film mit englischen Untertiteln, und dieses Jahr wollten wir gerne was Englisches mit spanischen Untertiteln. Ari hatte mit der Einreichung auch eine Nachricht geschickt. Er schrieb, dass er von seinen Freunden so viel von dem Festival gehört habe und dass man in L.A. immer mehr davon rede.

MM: Hat Sie das überrascht?

Seeling: Ja klar. Wenn man hier ist, erscheint einem das Festival wie ein großer Fisch in einem kleinen Aquarium. Und in Amerika ist das andersrum, da sind wir der kleinste Fisch in einem riesigen Meer. Wenn dann Leute auf einen zukommen und sagen, dass sie von dem Festival gehört haben und gerne mitmachen würden, ist das natürlich unglaublich toll!

MM: Ist das der internationale Durchbruch des Festivals?

Seeling: Auf jeden Fall. Ich glaube, das letzte Jahr mit Danny DeVito war unser Schritt in die nächste Ära. Man möchte dann auf dem Niveau gerne weitermachen. Und ich glaube, dass haben wir dieses Jahr gut hinbekommen. Aber ich will nicht, dass die Filme dadurch in den Hintergrund geraten. Es ist natürlich wichtig und spannend, wer kommt. Aber trotzdem sind wir ein Independent Film Festival, und unsere Mission soll dieses Jahr wieder kräftig gepusht werden.

MM: Welches ist Ihre Mission?

Seeling: Bridging cultures - bridging people: Wir wollen eine Brücke zwischen Kulturen und Menschen schlagen, gerade in der heutigen Zeit, in denen es einem so vorkommt, dass alles den Bach runtergeht. Es ist wichtig, dass wir uns auf die Filme fokussieren, die inspirieren, die andere Kulturen zeigen, dass man die Welt ein bisschen besser versteht. Unter diesem Schirm haben wir auch Filme wie "Thelma" oder "Tiger Girl" von jungen Filmemachern, die sich was trauen. Das ganze Festival steht eigentlich unter dem Motto "Trau dich was". Das heißt auch: Geh mal was gucken, wo du denkst, das ist nichts für dich. Vielleicht wirst du ja positiv überrascht.

MM: Sprechen wir also über die Filme.

Seeling: Es war toll zu sehen, wie viele Filme dieses Jahr wieder eingereicht wurden. Die Auswahl wird immer schwieriger, weil die Qualität immer besser wird, jetzt, wo die Leute mehr über das Festival erfahren. Aber ich glaube, wir haben eine gute Auswahl getroffen.

MM: Wie viele Filme laufen beim Festival?

Seeling: Ich spreche lieber von Projekten, weil wir auch Musikvideos und experimentelle Filme haben. Insgesamt sind es 103 aus 20 Ländern, davon zwölf Spielfilme und acht lange Dokumentationen.

MM: Gibt es wieder balearische Filme?

Seeling: Mit 16 Produktionen haben wir die größte Made-in-Baleares-Sektion, die je auf Mallorca gezeigt wurde. Das war dieses Jahr auch ein großes Ziel, die Balearenfilme so gut wie möglich zu unterstützen und einzubinden, damit die hiesigen Filmemacher wirklich nochmal das Gefühl kriegen, dass das ihr Festival ist. Dass das nicht ein Festival ist, das von irgendeinem Deutschen gemacht wird, sondern ein Festival für die Insel ist. Und dann haben wir noch eine Extra-Kategorie für Studentenfilme von den Balearen gemacht, in der wir zehn Kurzfilme zeigen. Es ist wichtig, dass die Studenten schon in das Festival eingebunden werden und sich willkommen fühlen.

MM: Wie wird das Festival dieses Jahr von der öffentlichen Hand gefördert?

Seeling: Wir sind sehr glücklich, dass uns der Govern Balear und der Inselrat unterstützen. Leider stellt die Fundació Turisme Palma 365 dieses Jahr keine Hotels und Flüge mehr bereit. Denn wenn man das sechste Jahr erreicht hat, erhält man weniger Förderung. Das ist schade, denn genau jetzt brauche ich diesen Schub, damit ich weitermachen kann. Trotzdem unterstützt uns die Stiftung auf anderen Ebenen. Aber wir sind immer noch ein Festival, das hauptsächlich von Privatsponsoren finanziert und unterstützt wird. Premier FX und First Mallorca sind da unsere großen Partner. Ohne sie würde das gar nicht gehen.

MM: Warum haben Sie das Evolution Film Festival in Los Angeles eingestellt?

Seeling: Gemessen an dem, was ich dabei rauskriegte, war es zu viel Arbeit. Aber, und das war eigentlich eine viel bessere Entscheidung, wir haben eine Partnerschaft mit verschiedenen Festivals, zum Beispiel das Holly Shorts, Hollywoods größtes Kurzfilmfestival, und das Newport Beach Film Festival, auch eines der größten Festivals für Lang- und Kurzfilme. Und die zeigen unsere Gewinner. Das ist natürlich super für unsere Filmemacher. Sie können dort zwei Wochen lang auf die Events gehen und Kontakte machen. Ein mallorquinischer Film vom letzten Jahr wurde dort auch gezeigt. Es entspricht unserer Idee von "Bridging cultures", dass die internationalen Filmemacher hierher kommen und wir die mallorquinischen Filmemacher raus ins Mekka nach Hollywood kriegen.

MM: Wie kommt der europäische Film in Hollywood an?

Seeling: Für Hollywood ist alles, was aus Europa kommt, Arthouse-Kino. Ich glaube, die Amerikaner finden es als Abwechslung ganz gut, dass der europäische Film so provokativ und innovativ ist. Die Europäer trauen sich Sachen, die sich die Amis nicht so trauen.

MM: Welche Rahmenveranstaltungen wird es beim Festival geben?

Seeling: Wir haben einen Pitchworkshop und ein Pitchforum. Da können Filmemacher lernen, wie sie ihre Filmidee verkaufen können. Und wenn sie Glück haben, finden sie da einen Produzenten oder Investor. Dann gibt es "Café con Cine" im Rialto Living mit Cine-Talks. Da nehmen sich alle einen Kaffee und etwas zu essen, dann suche ich mir die Filmemacher aus, die da sind, rede mit ihnen 15 oder 20 Minuten über ihren Film oder kommende Projekte, und dann kann jeder mit denen reden und Fragen stellen. Also das ist ganz locker. Bei einem Talk wird wahrscheinlich auch Paul Haggis teilnehmen.

MM: Sind die Preise wieder von Gustavo?

Seeling: Ja, das ist jetzt unser Festivalpreis. Was bei den Academy Awards der Oscar ist, ist bei uns der Evo. Letztes Jahr wurde er noch auch Metall gefertigt und Gustavo hat jeden einzelnen bemalt. Jetzt haben wir ihn aus Plexiglas anfertigen lassen. Und er ist immer noch wunderschön!

MM: Lässt Ihnen das Festival noch Zeit zum Schauspielen?

Seeling: Im August haben mein Mann und ich den Kurzfilm "Fay Away" gedreht. Die Geschichte dazu habe ich mit meiner Autorin Katharina Maas in Berlin entwickelt, die dann das Drehbuch geschrieben hat. Mein Mann hat Regie geführt und Kamera gemacht, und ich spiele die Hauptrolle. Fay ist eine Frau Anfang 30, der Vater hat die Familie verlassen, als sie ein Kind war und ist in die Wüste gezogen. Jetzt nimmt sie den Tod der Mutter zum Anlass, um in die Wüste zu fahren und den Vater zu suchen. Dann sehen sich beide wieder, das ist eine sehr schwere und emotionale Geschichte.

MM: Wird der Film auch auf dem Evolution Film Festival gezeigt?

Seeling: Auf jeden Fall 2018, natürlich außer Konkurrenz. Und dann haben wir vor, nächstes Jahr auf Mallorca einen Spielfilm zu drehen. Er handelt von zwei Schwestern, die ihre Mutter verloren haben. Nach zwölf Jahren kommen sie hierher zurück, um die Wohnung auszuräumen und müssen dann ihre Kindheit hier aufarbeiten. "Mediterranean Thriller" nenne ich das. Den produziere ich dann auch zusammen mit meinem Mann und spiele da auch die Hauptrolle. Also, man muss sich Platz schaffen für andere Sachen, sonst kann das Festival einen komplett einnehmen.

Die Fragen stellte Martin Breuninger.

ZUR PERSON: Sandra Seeling-Lipski

Die Schauspielerin Sandra Seeling-Lipski ist Gründerin und Leiterin des Evolution Mallorca International Film Festival (EMIFF). Geboren 1983 in Berlin, lebte sie vom neunten bis 18. Lebensjahr auf Mallorca. Auf der Insel spielte sie auch ihre erste Rolle, in der Fernsehserie "Mallorca - Suche nach dem Paradies". Seit 2004 lebt Sandra Seeling mit ihrem Mann, dem Kameramann Rainer Lipski in Los Angeles. Dort veranstaltete sie neben dem EMIFF bis im vergangenen Jahr auch das Evolution Film Festival am Hollywood Sunset Boulevard.

WAS, WANN, WO
Evolution Mallorca International Film Festival: DO, 26. Oktober, bis SA, 4. November.
Eintritt: Festival-Pass (alle Filme inkl. Eröffnungsgala im Teatre Principal): 80 Euro
Eröffnungs-VIP-Cocktail im Caixa Forum und Eröffnungsgala: 60 Euro
Filmblöcke: 6 Euro
Autokino in Port Adriano: 10 Euro
Abschlussveranstaltung (Gerhardt Braun Gallery): 15 Euro
Café Cine im Rialto Living: frei
Tickets, Programminfos: www.evolutionfilmfestival.com
Veranstaltungsorte: Teatre Principal, Cineciutat, Museum Es Baluard, Port Adriano, Rialto Living, Centre de Cultura Sa Nostra, Gerhardt Braun Gallery, The VR Garage

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