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Die Frucht der Erkenntnis

Je sonniger und trockener das Klima, desto süßer und saftiger der Granatapfel

Der Granatapfel ist die Frucht, mit der Eva einst Adam verführt und so die Vertreibung aus dem Paradies provoziert haben soll.

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Er ist außen ledern; innen verbirgt sich ein Wunderwerk aus Zellhäuten und weißen bis roten Saftsamen. Wunderschön sind diese Waben anzusehen und doch im alltäglichen nordeuropäischen Speiseplan vernachlässigt. Der Granatapfel, der zurzeit auf Mallorca Saison hat, ist ein Zwitterwesen zwischen Beere und Frucht.

Am besten wächst er in sonnigem, trockenem Klima. Starker Regen lässt ihn aufplatzen und an Süße verlieren. "Der Baum soll ruhig ein bisschen leiden", findet Franz Kraus, Chef des Betriebs Fet a Sóller. Und begründet es so: "Die Suche der Wurzeln nach Nährstoffen bringt den Geschmack."

Künstlichen Dünger und Pestizide lehnt Kraus daher strikt ab. Wird der Apfel lange von der mallorquinischen Sonne angestrahlt, werde er besonders schön rot. Auf den Geschmack soll das aber keine Auswirkung haben. Der deutsche Unternehmer produziert - unter anderem mit Granatäpfeln - im "Orangental" Marmeladen, Speiseeis, Soßen und Liköre, alles auf natürlicher Basis, in Handarbeit, unter guten und fairen Bedingungen für die Bauern und für den Endverbraucher. Sein Credo: "Lebensmittel kommt von Leben".

Etwas weniger romantisch geht es bei den örtlichen Großhändlern wie Bibifruit oder Palmafruit zu. Das Kilo Granatapfel wird hier für zirka einen Euro verkauft, am Anfang der Saison kann es auch mal 1,50 Euro sein. "Der Markt für den Granatapfel ist klein und stabil", berichtet Antonio Bibiloni von Bibifruit. Er ist für den Ein- und Verkauf der Ware zuständig. Geschätzte 3000 Kilo würden täglich auf der Insel verkauft. Das klingt viel, ist aber nichts im Vergleich zu den 250 Tonnen Tomaten.

Ähnlich empfindet es auch Rafael Morey, kaufmännischer Leiter von Palmafruits. Er erklärt sich den verhältnismäßig geringen Verkauf so: "Der Granatapfelanbau ist ein traditioneller, auf lokalem, fast familiären Niveau. Viele Familien in der Gegend des Levante haben einige wenige Bäume auf der Finca stehen."

Erschwerend kommt hinzu, dass die Ernte ausschließlich von Hand stattfindet. Für den Endverbraucher legen die Preise dann deutlich zu: Auf dem Markt im Viertel Pere Garau in Palma findet man den frischen Granatapfel für 1,20 bis 1,90 Euro das Kilo, im Supermarkt kostet das Kilo zirka 1,80 Euro.

Die knallroten säuerlichen Kerne in Handarbeit aus dem Gehäuse zu pulen, um sie für Soßen oder Marmeladen zuzubereiten, ist ein mühsames Geschäft. Fet a Sóller hat eine eigene kleine Marmeladenproduktionsstätte. Die Frauen und Männer mit den blauen Plastikhandschuhen und weißen Stoffmützen, größtenteils geistig behindert, schneiden die roten Früchte auf und lösen die kleinen "Saftbomben" - die roten Kerne - aus den weißen Häuten. Im Raum nebenan drückt die Marmeladenmaschine die fertige Creme in kleine Gläser. Der gepresste und dann kühl gelagerte Saft dient als Basis für Soßen, Eiscremes oder Liköre.

Sonnenhungrige Nordlichter wissen den Granatapfel zu schätzen, denn er unterstützt den Körper dabei, sich auf einen langen Winter vorzubereiten und kann gegen Erkältungen vorbeugen: Er liefert zum Beispiel Mineralstoffe wie Kalium, Spurenelemente wie Eisen und B-Vitamine. Auch Vitamin C, das wir nur kurz im Körper speichern können, enthält er.

Darüber hinaus kann er noch mehr. Schuld sind die vielen Polyphenole im Granatapfel, natürliche aromatische Verbindungen, die als Antioxidantien Entzündungen hemmen können oder Fettablagerungen in den Blutgefäßen verhindern. Die handfesten wissenschaftlichen Beweise stehen hier allerdings noch aus. Die Mallorquiner mögen den Granatapfel eher in Form von Soßen oder Likören um die Weihnachtszeit herum. Als frisches Produkt führt es hier noch ein Schattendasein.

Die Frucht, die die Phönizier wahrscheinlich aus religiösen Gründen ans Mittelmeer brachten, ist symbol- und geschichtsträchtig. Sie soll schuld daran sein, dass wir aus dem Paradies vertrieben wurden, denn Eva verführte Adam mit genau dieser Frucht. Er steht gleichzeitig für Leben und Tod und muss für den Vergleich zum Priesteramt herhalten: Die harte äußere Schale für Enthaltsamkeit und Entbehrung und innen die reiche Frucht - die Frucht der Erkenntnis?

Zurück zu den irdischen Freuden: Ob in Form von Entenbrust-Carpaccio mit Feldsalat und Granatapfel, als süßlich-saure Soßen für Fleisch und Geflügel oder als Deko auf Cremes und im Joghurt, mit Couscous oder pur - der Granatapfel hat es verdient, groß rauszukommen.

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