Mit einem dumpfen Knall fällt der fertige "Gató de almendra", der typisch mallorquinische Mandelkuchen, auf die silberne Arbeitsplatte in der Großküche. "Man muss den Teig erschrecken", sagt Sebastià Ballester Verger, Koch und Spezialist auf dem Gebiet der Süßspeisen der Insulaner. Beim Herunterfallen lösen sich kleine Luftblasen auf und der Kuchen wird schön eben.
Raffiniert sind sie nicht, mallorquinische Nachtische. Bodenständig trifft es eher. Gemacht aus den Zutaten, die die Erde oder die Tiere früher so hergaben. Eier, Milch, Mehl sind die Grundzutaten. Zitrus- und andere Früchte wie Feigen und Mandeln verfeinern sie. Die Herangehensweise ist ebenfalls pragmatisch.
Die Ensaimada , mit geografisch geschütztem Namen, ist die bekannteste Nachspeise der Insel. Und beliebtes Mallorca-Mitbringsel: Auf vielen Flügen Richtung Festland verlässt das Schmalzgebäck die Insel. Die mehreckigen Schachteln sind ihr Erkennungszeichen. "Dabei wurden früher runde Schachteln benutzt - Hutschachteln, einmal durchgeschnitten", erzählt Sebastià, Chefkoch im eigenen Restaurant in Algaida.
Eine gute Ensaimada zu backen gleicht einem Masterdegree. Man braucht Erfahrung, Zeit und Muße. Ja, vor allem Zeit und Muße, denn der Teig muss gehen, gehen und nochmals gehen. Stärkemehl, Zucker, Eier, Sauerteig und Schweineschmalz sind der Kern der Schmalzschnecke. Direkt von ihr abzubeißen gilt als unfein - Kenner tunken sie delikat in den Café con leche oder in die Chocolate caliente. Weder richtig süß noch salzig, trifft die Ensaimada geschmacklich genau die Mitte. Besonders lecker ist sie mit Cabello de Angel (Engelshaar) gefüllt, in Zucker gekochte Kürbisfasern.
Aus Inca stammen die berühmten Quellys, kleine ovale Kekse in verschiedenen Geschmacksvarianten. Neutral, süß, salzig, aus Vollkorn- oder hellem Mehl. Sie werden gerne kleingebröselt in den "Pudín" -Teig verrührt - der kastenförmige Eierspeisenachtisch - sollte ordentlich davon durchsetzt sein.
Während die Milch zusammen mit dem Zucker, den Zimtstangen und der Zitronenschale kurz aufwallt, bereitet Sebastià die Eiercreme vor. Beim Aufkochen dringt der Geschmack von Zitrone und Zimt besser in die Milch ein. Die geschlagene Eiercreme wird später vorsichtig untergehoben - wenn die Milch abgekühlt ist.
Auch Flan wird mit dieser Masse zubereitet - aber ohne die Kekse. Viele kleine silberne Backförmchen mit fertiger Karamellfüllung warten in der Profiküche in Reih und Glied auf die Füllung. Ist die Masse fertig, wird sie zirka eine Stunde im Dampf- oder Wasserbad gedämpft. Stolz schiebt der dunkelblonde Mallorquiner die Kastenform in den Ofen. "Ein Überbleibsel des spanischen Koch- und Backwettbewerbs", erzählt er. Gleichmäßig bläst der Dampf aus mehreren Heizstreben. Eine Stunde dampft der Pudding vor sich hin, der Flan braucht nur halb so lang. Die Konsistenz von beidem sollte schön fest sein - kleine Luftblasen oder Löcher sind kein Qualitätszeichen.
Wer keinen Dampfofen besitzt, könne sich mit folgendem Trick behelfen: Eine Zeitung auf den Boden der tiefen Backform legen, Wasser darüber gießen und die Kuchenform darauf stellen. Die Zeitung verhindere, dass das Wasser kocht. "Welche Zeitung man nimmt, ist egal", sagt Sebastià und lacht breit.
Feigen und Mandeln - zwei Königsfrüchte der Insel. Mallorcas Klima ist für diese beiden Früchte ein Paradies. Die mallorquinischen Mandeln mögen optisch nicht die Schönsten sein, aber sie schmecken intensiv und köstlich. Figues sequas amb anís - getrocknete Feigen mit Anis, auch "Postre de músico" - Musikernachtisch genannt, ist eine kleine, aber feine Nachspeise.
Erfahrung und Zeit braucht es für die Vorbereitung. Getrocknete, eingelegte Feigen sind gut für die Stimmbänder - der Anisschnaps und die Aniskerne machen die Stimme kräftig. Früher legte man die Feigen tagelang in die Sonne, nachts kamen sie zum Schutz vor Dreck oder Tieren nach drinnen. Heute werden die Feigen oft in einem Spezialofen getrocknet und beim letzten Trockenvorgang mit etwas Salzwasser beträufelt. Das Salz konserviert die Feigen. Anissamen kommen dazu, ein wenig Anisschnaps und Zucker, und dann das Ganze ab ins Einmachglas. So halten sich die köstlichen Feigen jahrelang. Ein feiner Moscatelwein in einem kleinen Servierglas, frische Mandeln und fertig ist der Nachtisch.
Feigen- oder Mandelliebhaber können hier spielen und variieren. "Sopa de higos" als Füllung für den "Pudín", "Helado de higos" (Feigeneis) sind weitere Varianten, wie man die köstliche Frucht verarbeiten kann.
Auch der "Gató de almendra" , eine Mandeltorte, ist ein mallorquinischer Klassiker. Direkt aus dem Ofen kommend, wirkt der Kuchen recht unscheinbar bis düster. Mit Puderzucker bestäubt, bekommt er ein ganz neues Gesicht. Aber entscheidend ist der Geschmack, und der ist fantastisch: leicht und frisch, nach Mandel und Zitrone.
Wer es deftig, aber trotzdem frisch mag, der sollte die "Tarta de requesón" probieren - "Greixonera de brossat" ist der mallorquinische Name. Dabei handelt es sich um eine Art Quark- oder Frischkäsetorte aus den üblichen Grundzutaten Mehl, Eier, Frischkäse oder Quark (auch wahlweise Schichtkäse). Als Belag kann frische Quittenmarmelade ("membrillo") oder eine andere typische Marmelade oder Fruchtaufstrich dienen.
In den letzten Wochen wurde es sogar auf Mallorca nachts empfindlich kalt. Ein Klassiker direkt nach der Mitternachtsmesse an Weihnachten ist die "Coca de nadal" . Klein und rund - wie eine abgeflachte große Boule-Kugel sieht sie aus. Geriebene Kartoffeln mit Zucker, Mehl und Fett machen aus ihr eine fluffige Köstlichkeit. Dazu eine heiße sämige Schokolade, und die opulenten Weihnachtsfeiertage können beginnen.