Für Mallorcas Spitzenköche ist jetzt die aufregendste Zeit des Jahres: Am Mittwoch, 21. November, werden bei einem Gala-Abend in Lissabon die Michelin-Sterne 2019 für Spanien und Portugal vergeben. Die begehrte Auszeichnung im roten Reiseführer des französischen Reifenherstellers wirkt optisch zwar eher wie ein harmloses Blümchen, kann aber über Wohl und Wehe ganzer Karrieren entscheiden.
Dabei könnte die Latte kaum höher liegen als dieses Mal, denn mit insgesamt acht Sternelokalen befindet sich die Inselgastronomie auf einem exzellenten Niveau. Fernando Pérez Arellano vom Restaurant Zaranda im Hotel Castell Son Claret bei Capdellà im Südwesten der Insel führt als Einziger in der Riege zwei Sterne und kann damit an die unvergessenen Erfolge von Gerhard Schwaiger anknüpfen, der 2012 dem Guide Michelin freiwillig Adieu gesagt hatte und am neuen Standort in Palma nun mit einem zwangloseren Konzept arbeitet.
Der dritte Stern ist schon seit 2015 Pérez Arellanos erklärtes Ziel. Dass es dieses Jahr endlich so weit sein könnte, wird in der Szene nach drei Jahren auf Zwei-Sterne-Niveau nicht für unmöglich gehalten. Lediglich vor Heraufstufungen in kurz aufeinanderfolgenden Ausgaben scheute der Verlag in der Vergangenheit zurück.
Alvaro Salazar verlässt unterdessen das Argos in Port de Pollença und hat einen Vertrag als Chefkoch im Park Hyatt Mallorca unterschrieben. Den Stern muss er an seiner alten Wirkungsstätte zurücklassen. Es ist aber auch möglich, dass die Motivation nicht mehr stimmte, und der im Prinzip an das Lokal gebundene Status sofort verloren geht. Salazar soll sich von den Inhabern jedenfalls nicht ausreichend unterstützt gefühlt haben.
Ansonsten haben Sterneinhaber meist gute Chancen, ihre Auszeichnung zu behalten, da für jegliche Änderung Einstimmigkeit in der Redaktion erforderlich ist. José Miguel Navarro (Restaurant Es Fum, Mardavall Resort, Costa den Blanes), Andreu Genestra (Landhotel Predi Son Jaumell bei Capdepera), Macarena de Castro (Port Alcúdia) und der umtriebige Brite Marc Fosh (Palma) dürfen also darauf hoffen, dass ihr Niveau einmal mehr bestätigt wird. Das gilt ebenfalls für Adrián Quetglas (Palma), der in Moskau nebenbei weitere Gourmet-Restaurants betreibt, und für Josef Sauerschell vom deutsch-mallorquinischen Familienrestaurant Racó des Teix in Deià. Der 62-jährige Franke hält seinen Stern ununterbrochen seit 2002 und ist somit der Doyen unter Mallorcas Sterneköchen.
Mallorcas Spitzenkoch Tomeu Caldentey vom Restaurant Bou im Protur-Hotel Sa Coma an der Ostküste hatte im Juli unterdessen überraschend seinen Michelin-Stern zurückgegeben. Als Gründe wurden die hohe Arbeitsbelastung und der mediale Rummel in der Gastronomie genannt.
Caldentey hatte sein Restaurant vor 18 Jahren gegründet und war nach Sa Coma gezogen, um sich an die Protur-Hotels anzulehnen. 15 Jahre lang durfte man sich mit einem Stern schmücken. Inzwischen kocht der Meister am bisherigen Standort auf günstigerem Niveau, unter dem Namen Tomeu Caldentey Cuiner.
Spekuliert wird jedes Jahr aufs Neue auch über einen möglichen Michelin-Stern für Santi Taura und sein Restaurant Dins in Lloseta. Scheitern könnte dies allerdings wieder daran, dass es dort keine Gerichte à la carte, sondern nur vorgegebene Menüs in einem engen Rahmen gibt. Besser stehen die Chancen vielleicht, sobald Taura 2019 mit dem Dins ins Calatrava-Viertel nach Palma gezogen ist. Dort will er in einem derzeit im Bau befindlichen Boutique-Hotel eröffnen. Zudem ist anderswo in der Altstadt ein Bistro geplant, und das Stammhaus in Lloseta soll erhalten bleiben. Michelin schätzt es allerdings nicht unbedingt, wenn man auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzt...
(aus MM 46/2018)