Es mag sein, dass die Currywurst an den Bahnhöfen von Oer-Erkenschwick oder Dorsten besser als am Ballermann schmeckt. Doch auf der Spielwiese deutscher Umtriebigkeit auf Mallorca fehlt in der Regel der bleigraue Ruhrgebietshimmel, der das Gemüt trotz eines erfüllenden Geschmackserlebnisses bis zur Fast-Depression trüben kann.
Im Schnellrestaurant der allseits bekannten Grillmeister-Kette an der trubeligen Schinkenstraße mit Blick durch Panoramascheiben auf gestikulierende afrikanische Straßenhändler und das sichtlich alkoholselige mitteleuropäische Party- und Strandvolk mundet die Wurst mit Brot ebenfalls nicht schlecht!
Preisrahmen zwischen 5 un 9 Euro
Die tomaten- und pulverhaltige Currysauce ist nicht labberig, sondern durchaus würzig, lässt aber auch nicht vor lauter Schärfe die Tränen rollen. Der MM-Tester spürt auch bei geschlossenen Augen, während der eine oder andere „Boah-ey”-Ruf draußen und drinnen ertönt: Die 5 Euro sind bestens angelegt, wobei man für einen schlappen Euro mehr eine XXL genannte, erheblich längere Wurst kredenzt bekommt – ungeschnitten oder, was stilechter ist, liebevoll zerstückelt.
Mehr fürs Geld gibt’s lediglich fünf Gehminuten weiter im berühmten Deutschen Eck, dem Aktionsgeviert des Playa-Originals Michael Bohrmann: 7,45 Euro muss man hier für die Wurst auf den Tisch legen, dafür gibt’s dazu Pommes frites und eine durchaus sättigende Salatbeilage. Man sitzt an der nicht allzu verkommenen Bierstraße etwas gediegener als im Grillmeister-Lokal, das einem deutschen Bahnhofs-Wartezimmer nicht unähnlich ist. Ein Kölscher Gast namens Dieter, der das Historikern zufolge im Jahr 1936 von einem gewissen Peter Hildebrand in Duisburg ersonnene und später in Berlin verfeinerte Gericht im Deutschen Eck vertilgt, sagt: „Dat flutscht mir so schön in den Magen!” Eine Kellnerin lacht laut auf und flötet: „Toll!”
Fast überall am Ballermann bekommt man Currywurst serviert, in den meisten Lokalitäten liegen die Preise zwischen 5 Euro für die einfachste Variante und fast 9 Euro für dieses kulinarische Erzeugnis nebst Beilage. Ehedem war auch die inzwischen wegen eines rechtsextremistischen Vorfalls in Leipzig auffällig gewordenen Playa-Sängerin Melanie Müller mit ihrer Kette Grillmüller ins Wurstbusiness eingestiegen, konnte ihre Läden an der Playa de Palma und in Peguera jedoch nicht weiterführen.
Essen wie bei Oma im Wohnzimmer
Dafür gibt es weiterhin das fast unvermeidbare „Münchner Kindl”: Dort, wo die altgediente Playa-Kapazität Gerlinde Weininger seit gefühlt ewigen Zeiten für eine bayerisch angehauchte, nachgerade urdeutsche Atmosphäre sorgt, bekommt man die Wurst nebst Pommes frites für gar nicht mal so preisgünstige 8,90 Euro. Dafür kann man sich in dem Traditions-Etablissement fast wie im Wohnzimmer bei Großmuttern fühlen.
Was auch für das neuerdings vom spanischen Ex-Megapark-Chef Carlos Lucio gemanagte und bis zu kleinen Details der Tischdekoration Kölsche Lokal Et Dömsche in der Bierstraße gilt. Dort wird die Basisversion der Currywurst mit Brot für 5,90 Euro verkauft und Inländern als „deutsche Spezialität” angepriesen. Beim MM-Rundgang durch das Vergnügungsareal sind auch hier einige deutsche Urlauber zu erkennen, die sich sichtlich hungrig mit Currywürsten nähren.
Das inzwischen durchaus als ikonisches Kulturgut geltende Erzeugnis, das aus Bratwurst oder Brühwurst mit oder ohne Darm hergestellt wird, gehört mittlerweile zu Mallorca wie die weißen Socken oder die mit anzüglichen Sprüchen bedruckten T-Shirts junger Urlauber. Wie eigentlich nirgendwo anders in Spanien, bereichert es wie etwa der Döner in Deutschland die Regionalküche, die man deswegen durchaus als vielfältig bezeichnen kann. Denn wo anders als auf Mallorca kann man in kürzesten Zeitabständen Pa amb olis und Currywürste essen?