Auf Besuch war sie nicht eingestellt und eigentlich stand ihr der Kopf sowieso woanders. Die Möbelpacker schleppten die Einrichtung in die neue Wohnung in Port d'Andratx, und jedesmal wenn Renate J. (Name der Red. bekannt) auf die Terrasse trat, sah sie erneut das silbergraue Etwas hoch am Himmel über der Cala Marmassem stehen. Das Diskus-förmige Gebilde hatte von der Erde aus betrachtet die Größe eines Pfennigs und verharrte mittags zwei bis drei Stunden „wie festgeschraubt” in der Luft. „Wir witzelten schließlich, jetzt müssen wir aber Bier kaltstellen für die kleinen grünen Männchen.” Dann sah Renate J. noch, wie das Gebilde mit einem Mal blitzartig in Richtung Ibiza über dem Meer verschwand.
Was die Hamburgerin da vor sieben Jahren auf Mallorca gesehen hatte, weiß sie bis heute nicht. Aber sie ist sicher, es war weder ein Flugzeug noch ein anderes gängiges Luftfahrzeug. Das unkannte Objekt erinnerte an jene Ufos, wie man sie aus Sciencefiction und Hollywood-Streifen kennt. Verblüfft war die heute 58-Jährige gänzlich, als sie dem Hausmeister von der Sichtung erzählte. „Der war gar nicht überrascht.” Auf der Insel gebe es viele Menschen, die zu Augenzeugen von rätselhaften Flugobjekten oder Lichterscheinungen am Himmel geworden seien, so der Mann.
In der Tat: Auf Mallorca werden seit Jahrzehnten Ufos (nicht-identifizierte Flugobjekte) – oder Ovnis, wie sie auf Spanisch genannt werden – gesichtet. Wer die Zeitungsarchive durchforstet, stößt auf regelrechte Ufo-Wellen, die alle paar Jahre über die Insel hinwegbranden. Hobby-Forscher und pseudowissenschaftliche Ufologen haben unzählige Artikel und Bücher über die „Besuche aus dem Weltall” verfasst, Prominente wie der frühere spanische Fernsehmoderator Salvador Díez beklagen sogar, von Außerirdischen entführt worden zu sein.
Unter dem Siegel der Verschwiegenheit be-richtet eine überraschend große Anzahl Mallorquiner und ausländischer Residenten über metallische Objekte oder Lichtphänomene am Himmel, die sich nicht mit den üblichen Erklärmustern wie Flugzeug, Satellit, Meteorit, Kugelblitz, Wetterballon oder ähnlichem wegdiskutieren lassen. Öffentlich bekennen zu ihren Erlebnissen wollen sich hingegen die Wenigsten, aus Angst, für versponnen gehalten oder dem Gelächter preisgegeben zu werden. Ufologen meinen, die Nöte jener Menschen gut zu kennen. Eine „Begegnung der dritten Art” sei für die Betroffenen mitunter traumatisch und ziehe Ängste, sogar Lebenskrisen nach sich.
Allerdings war es in den vergangenen Jahren eher still geworden um die mallorquinischen Ufo-Protagonisten. Auch die balearische Vereinigung zur Untersuchung der unbekannten Flugobjekte war seit einem Jahr nicht mehr zu ihren monatlichen Sitzungen in Palma zusammengekommen, so der junge Hobby-Forscher Xavi Moranta.
Mit den jüngsten Gerüchten über mysteriöse Unterwassergeräusche an der Nordküste Mallorcas erhalten die fliegenden Untertassen nun neuen Auftrieb. Zwar wird über diese merkwüdigen Metallgeräusche schon seit Jahren in okkulten Zirkeln fabuliert. Mit dem dreifachen Weltmeister im Unterwasserfischen, dem Mallorquiner Josep Amengual, hat sich aber erstmals ein prominenter Taucher und Sportler zu seinen akustischen Wahrnehmungen unter Wasser bekannt und öffentlich die Klärung des rätselhaften Phänomens eingefordert (MM 32/2002).
Die Ufologen rücken indes ein weiteres Mal ihre angestammte Spekulation über eine geheime Unterwasserbasis ins Zentrum des Medieninteresses. So soll sich etwa 1500 Meter vor der Steilküste bei Sa Calobra am Meeresgrund eine Ufo-Station befinden. Manch einer aus Sóller will gesehen haben, wie sich dort die Fluten öffneten und ein gigantisches violettes Raumschiff freigaben, das in den Himmel abhob.
Die Mär von geheimen Basen im Meer bei Sóller ist nicht völlig von der Hand zu weisen. Denn es ist immerhin bekannt, dass sich dort während des Zweiten Weltkrieges in einer Meeresgrotte ein Geheimstützpunkt für deutsche U-Boote befunden hatte. Auch wenn von Seiten des Militärs darüber nichts verlautet, gibt es ehemalige Wehrmachtssoldaten, die die U-Boot-Stellung mit eigenen Augen gesehen haben wollen.
Sóller, wo ohnehin die meisten Sichtungen registriert werden, spielte auch eine Rolle in jenem am besten dokumentierten Fall von Begegnungen mit unbekannten Flugobjekten, der als „Vorkommnis von Manises” durch die europäische Presse ging (MM 48/1979): Am Abend des 11. November 1979 startete um 22.47 Uhr in Palma ein Düsenflugzeug des Ferienfliegers TAE mit 109 Passagieren, Reiseziel Kanarische Inseln. Der Jet vom Typ Super-Caravelle war aus Salzburg eingeflogen und brachte vor allem deutsche und österreichische Urlauber nach Spanien. Kurz nach dem Start und bereits in einer Höhe von 23.000 Fuß über Ibiza bemerkten der Flugzeugführer und sein Kopilot zwei rote Lichter, die links neben der Maschine herflogen. Auch einige Fluggäste sahen das Leuchten.
Da das fremde Gefährt den üblichen Sicherheitsabstand nicht einhielt, fragte der Pilot Javier Lerdo de Tejada über Funk bei der Flugkontrolle in Barcelona nach, ob sich ein weiteres Flugzeug im unmittelbaren Luftraum befinde. „Negativ”, hieß es dort. Auf dem Radarschirm war einzig die TAE-Maschine auszumachen. „Mein Gott”, gab der Pilot über Funk zurück, „wenn es hier kein weiteres Flugzeug geben soll, was ist dann das da ...?”
Die beiden roten Punkte, die untereinander immer dieselbe Distanz einhielten, sprangen „spielerisch” neben der TAE-Maschine auf und ab, schossen in Sekundenschnelle voraus oder wieder hinter den Jet zurück – alles Flugmanöver, die mit herkömmlichen Maschinen von Menschenhand nicht durchführbar sein sollen. Da sie sich dem Jet schließlich bis unter eine halbe Meile näherten, sah sich der Kapitän zu einer Kursänderung genötigt. Nervös geworden, beschloss der Pilot, auf Nummer sicher zu gehen und auf dem nächsten Flughafen – Manises bei Valencia – notzulanden.
Etwa 30 Meilen vor der Landung ließen die roten Lichter von dem Jet ab. Nach zwei Warteschleifen, um Sprit zu reduzieren, landete die Super-Caravelle um 23.50 Uhr in Valencia. In der Geschichte der Luftfahrt war es das erste Mal, dass ein ziviles Verkehrsflugzeug wegen eines unbekannten fliegenden Objektes zur Landung gezwungen wurde, so der Journalist und Buchautor auf dem Gebiet der Ufologie, Juan José Benítez.
Doch in Valencia ist der Spuk nicht zu Ende. Noch stundenlang stehen über dem Flughafengelände drei Lichtobjekte, auf die sich niemand einen Reim machen kann. Die spanische Luftwaffe setzt einen Mirage-Abfangjäger ein, der die Ufos zwar sieht, sich ihnen aber nicht nähern kann, da sie ihm ständig ausweichen, aufs Meer und bis nach Menorca.
Etwa zeitgeich ist in Sóller der Hobby-Ufologe Josep Climent unterwegs, als gegen 2.45 Uhr der Himmel schlagartig aufglüht. Instinktiv drückt Climent auf den Auslöser seiner Kamera und fängt das Spektakel ein. Bis heute ist er überzeugt, jenen glücklichen Moment erwischt zu haben, um ein in den Himmel schießendes Ufo zu fotografieren. Das Bild gab er den Medien, die es weltweit veröffentlichten. Wenige Tage später tauchte das Militär auf, nahm Climent die Negeative weg. Obgleich der Sólleric sie seit langem zurückfordert, sind sie unauffindbar.
Für Benítez liegt der Schluss nahe, dass Climent jenes Ufo ablichtete, das der spanische Jäger gegen 3.15 Uhr verfolgte. Wegen Benzinmangels musste er schließlich die Verfolgung aufgeben. Während der ganzen Zeit waren seine Instrumente und die Kamera an Bord gestört worden. Die Regierung ordnete eine Untersuchung an und verhängte strikte Geheimhaltung. Erst im Jahre 1995 wurden Dokumente veröffentlicht, in denen das Militär einräumte, dass ein „im Luftraum unkontrolliertes Objekt von unbekannter Herkunft” die TAE-Maschine vom Kurs abgebracht und zur Landung genötigt habe.
Mehr noch: Eine Woche nach dem Manises-Vorfall registrierte die militärische Flugabwehr ein ungewöhnliches Objekt auf dem Radarschirm. Wieder stieg ein Jäger vom Stützpunkt Albacete auf, wieder wich der Leuchtkörper am Himmel aus. Aus dem massiv gestörten Funkgerät fing der Pilot schließlich – bis heute technisch nicht erklärbar – etwa 30 Sekunden einige lachende Kinderstimmen auf, die ihn fragten: „Hallo, hallo... wie geht's Dir?”
Für den mallorquinischen Hobby-Ufologen Xavi Moranta ist die Existenz von außerirdischen Wesen nur eine der Möglichkeiten zur Erklärung der Phänomene. „Ist es nicht dies, dann verbergen die Verantwortlichen etwas anderes vor uns. Möglicherweise eine bislang unbekannte Technologie für Transporte oder zur Militärspionage.” Fast jedes Wochenende ist Moranta in den Bergen um Sóller unterwegs, auf der Suche nach etwas Ungewöhnlichem am Himmel. Seine Kamera hat er stets dabei.