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SEENOT

Die Höllenfahrt der „Grand Voyager”

25 Mallorquiner an Bord des havarierten Kreuzfahrtschiffes standen Todesängste aus / Reiseveranstalter plant Klage

Wie im Katastrophenfilm.

An Bord des Kreuzfahrtschiffes „Grand Voyager”, das zu Wochenbeginn in einem extremen Seesturm drei Stunden manövrierunfähig zum Spielball gigantischer Wogen wurde, haben auch 25 Reisende aus Mallorca Todesangst ausstehen müssen. „Ich sah uns schon auf dem Meeresgrund. Ich dachte nicht, dass man uns noch retten kann”, sagte Mateu Terrades. Der Mann war einer von insgesamt 418 Passagieren auf dem Schiff, das am Montag im Mittelmeer 65 Meilen vor Menorca in Seenot geraten war.

Die Luftaufnahmen von dem Schiff, das scheinbar mühelos von bis zu 14 Meter hohen Wellen hin– und hergeschleudert wurde, gingen in den Nachrichtensendungen um die Welt. Erst nachdem zwei der vier ausgefallenen Motoren wieder liefen, konnte die „Grand Voyager” aus eigener Kraft den Hafen Cagliari (Sardinien) anlaufen.

An Bord des Schiffes, das am Sonntag mittag in Tunis mit Ziel Barcelona in See gestochen war, spielten sich Szenen wie aus Katastrophenfilmen ab. Den Angaben der mallorquinischen Passagiere zufolge wurden die Menschen bei dem schweren Seegang regelrecht durch die Säle katapultiert. An den Wänden klebte das Blut von Verletzten mit Schnitt– und Platzwunden. Eine Frau zog sich einen offenen Knochenbruch zu, ein Mann brach sich zwei Finger. Der kubanische Schiffsarzt hatte alle Hände voll zu tun. Auch die einfache Besatzung (314 insgesamt) habe das Mögliche getan.

Die Menschen knoteten sich mit Bettlaken an Säulen und Geländer, um ein wenig Halt zu finden. Andere setzten sich in den Korridoren gegenüber, pressten die Fußsohlen gegeneinander und stemmten sich mit dem Rücken gegen die Wände. Wieder andere lagerten auf Polstern, eine Mutter mit einem zwei Monate alten Baby im Arm brach in Gebete aus, eine schwangere Frau rollte über den Fußboden, eine andere Mutter versuchte, ihre zweijährige Tochter mit Kinderliedern zu beruhigen.

In den Sälen machte sich eine unvorstellbare Verwüstung breit. Bereits beim Dinner gingen zahlreiche Teller und Gläser zu Bruch. Mitten in der Nacht rissen schließlich die Tische aus der Verankerung, flogen Stühle durch die Luft. Zersplitterte Glastüren verteilten ihre Scherben wie Hagelkörner. In den Kabinen wurden die Fernsehgeräte aus den Halterungen gerissen, im sechsten Stock machte sich ein Konzertflügel selbständig und stürzte in den fünften Stock. In den Wellentälern krachte das Mobiliar gegen die Wände.

Der Reiseveranstalter Iberojet appellierte später an die Passagiere, auf Entschädigung zu klagen. Das Tourismus-Unternehmen überlegt selbst, gegen die Schiffseigner vor Gericht zu ziehen. Passagiere forderten im nachhinein, das Schiff hätte angesichts der Sturmwarnung gar nicht auslaufen dürfen.

Die „Grand Voyager” absolviert wöchentliche Touren durch das Mittelmeer, wobei unter anderem die Häfen Monaco, Livorno, Rom, Messina und Malta angelaufen werden. Auf der Heimreise von Tunis nach Barcelona hatte das Kreuzfahrtschiff mit Wellen von neun bis 14 Meter Höhe zu kämpfen. Die Wellenkämme erreichten die sechste Etage des Schiffes. Gegen drei Uhr nachts ließ eine gigantische Woge auf der Kommandobrücke ein Fenster bersten. Die eindringenden Wassermassen zerstörten die elektronische Steuerung, alle vier Schiffsmotoren vielen aus. Den Technikern gelang es nach drei Stunden, zwei Motoren wieder zum Laufen zu bringen.

Begleitet von einem zu Hilfe geeilten Gasfrachter sowie in der Luft vom Seerettungshubschrauber aus Mallorca erreichte die „Grand Voyager” Sardinien.

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