VON ELISA VON GRAFENSTEIN
Joan Miró, der als Sohn eines Goldschmieds und Uhrmachers am 20. April vor 113 Jahren in Barcelona geboren wurde, hatte schon in jungen Jahren eine Vision: „Mein Traum wäre es, irgendwann eine große Werkstatt zu besitzen.” Denn: „Je mehr ich arbeite, desto mehr Verlangen habe ich zu arbeiten.” Und desto mehr Raum war für die vielen Leinwände notwendig, die Miró im Laufe seines Lebens füllte. Diesen Wunsch konnte sich der Künstler schließlich auf Mallorca erfüllen. Hier ließ er neben seinem Haus eine Werkstatt bauen, die seinen Vorstellungen entsprach und die heute besichtigt werden kann. In keiner Stadt kann man das Werk Mirós in so enger Nähe zum Umfeld, in dem er lebte und schaffte, bewundern wie in Palma.
Schon als Kind verbrachte der Sohn einer Mallorquinerin und eines Katalanen den Sommer auf der Insel. Später heiratete er eine Mallorquinerin und zog sich immer mehr nach Mallorca zurück, bis er sich 1956 ganz in Calamajor niederließ. Hier realisierte er seinen Traum des perfekten Arbeitsumfeldes. Für den Bau seiner Werkstatt beauftragte Miró den Architekten Josep Lluís Sert, damals Direktor des Graduate College für Design in Harvard. Sert verwendete damals mediterrane Materialien, verband Design mit innovativen Techniken und schaffte so einen einheitlich beleuchteten Raum, in dem Miró unter perfekten Bedingungen seiner Kreativität freien Lauf lassen konnte.
Heute werden in dem Raum die vielen Objekte ausgestellt, die der Künstler sammelte, um sie als Quelle seiner Imagination zu nutzen. Mit der Dotierung des Internationalen Guggenheimpreises von 1958 erhielt Joan Miró das Haus Son Boter, direkt hinter seinem Wohnhaus. Es sollte ihm vor allem für die Herstellung der größeren Skulpturen und Bilder dienen. An den weißen Wänden hinterließ der Künstler Skizzen seiner Kunstwerke – seine „Graffiti”. So erkennt man in einem der Räume eine Zeichnung der Skulptur aus Metall, die heute an der Plaza de la Reina steht.
Zu diesem Werk hat ihn übrigens ein Stück Seife und ein Ei inspiriert. In einer Ecke von Son Boter kann man die Skizze sehen, die zum Logo der Stiftung „Pilar und Joan Miró auf Mallorca” wurde: ein kleiner Vogel, der über den Köpfen von zwei Frauen fliegt. Er ist das Symbol für Freiheit und Toleranz, „für alles das was die Diktatur Francos unterdrückte und verbot”, erklärt Aina Bibilona, Abteilungsleiterin für kulturelle Bildung.
Interessant ist auch Mirós Bild der Frau. Er malt ihren Körper als ein Dreieck mit Spitze nach oben, in der Form eines Trichters. Wie dieser für die Umwandlung eines Stoffes in einen anderen da sei, wandle die Frau durch ihre Fruchtbarkeit das Immaterielle in Materielles um und schaffe etwas Neues. Heute können die verschiedenen Gebäude besichtigt werden. Das Wohnhaus allerdings ist nicht für Besucher zugänglich, hier leben heute die Nachkommen Mirós.
„El Edificio Moneo”, der eigentliche Komplex der Ausstellungen der Stiftung „Pilar und Joan Miró auf Mallorca”, wurde im Dezember 1992 eingeweiht. Ein Teil aus dem Fundus der mehr als 5000 Bilder, Collagen, graphischen Werken, Skulpturen und Skizzen der Stiftung, die Miró vor allem in den 60ern und 70ern schuf, kann hier in den hellen, weiträumigen Ausstellungssälen besichtigt werden. Die typischen Bilder, mit schwarzen Strichen, runden, eckigen und sternförmigen Mustern, viel Farbe und Bewegung kontrastieren mit den steril weißen Wänden der Räume. In weiteren Räumen werden regelmäßig auch junge Künstler ausgestellt, die von der Stiftung ausgezeichnet wurden. Zur Zeit präsentiert ein Raum unter dem Titel „Peace Prayer” Installationen der Künstlerin Hui-Chu Ying. Eine weitere Ausstellung zeigt eine aufwühlende Video-Installation zum Leben in der globalisierten Welt von Jesú Segura.
Zwei Jahre vor seinem Tod 1983 stellte Miró seine Werkstätten und das gesamte darin enthaltene Werk der Stadt Palma zur Verfügung, woraufhin die Stiftung gegründet wurde. Sie unterstütz junge Künstler mit Stipendien und Preisen.