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Mallorca wird schneller

Die Insel wächst immer enger zusammen – dem Straßenbau sei dank. Weit mehr als 200 Millionen Euro hat die Regierung in vier Jahren in die Infrastruktur gepumpt. Glücklich sind damit aber nicht alle. Mallorca verändert sein Gesicht

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Zumindest eines kann sich die Balearen-Regierung zugute halten: Die konservative Volkspartei (PP) hat ihr Wahlversprechen gehalten. Innerhalb von fast vier Jahren ist Mallorcas Straßennetz um ein Vielfaches dichter geworden – gerade so, wie es Ministerpräsident Jaume Matas im Wahlkampf des Jahres 2003 angekündigt hatte. Darüber, ob das für die Insel nun gut oder schlecht ist, gehen die Meinungen allerdings weit auseinander.

Vor allem die Großprojekte sind es, die das Gesicht Mallorcas in den vergangenen Monaten verändert haben. Allen voran die vierspurig ausgebaute Straße nach Manacor. Lange Jahre war diese West-Ost-Verbindung berüchtigt für die Gefahren, die am Wegesrand lauerten: Nirgends fuhren sich so viele Menschen zu Tode, wie hier. Damit soll nun Schluss sein.

Das zweite Großprojekt ist die Autobahn in den Inselnorden, die schon vor einigen Monaten fertig wurde. Seitdem ist die Strecke von Palma nach Sa Pobla in weniger als einer halben Stunde zu schaffen. Auch die Fahrt ins vor allem bei den Deutschen beliebte Andratx ist mit der Fertigstellung der Südwest-Autobahn um einiges bequemer geworden.

Die ehrgeizigen Pläne der Regional-Regierung richteten sich aber bei Weitem nicht nur auf die Hauptverkehrsstraßen. In dem weit mehr als 200 Millionen Euro schweren Infrastruktur-Paket war auch eine Vielzahl an kleinen Projekten inbegriffen. Hier eine Begradigung, dort eine Verbreiterung – Veränderungen, die Außenstehende kaum wahrnehmen, in der Summe aber einen enormen Effekt haben: Mallorca ist in den vergangenen Jahren immer enger zusammengewachsen. Orte, die seit Menschengedenken in der Abgeschiedenheit des mallorquinischen Hinterlandes lagen, sind nun plötzlich ganz nah an Palma herangerückt.

Der Effekt dieser Entwicklung lässt nicht auf sich warten. So kritisierten Umweltschützer nicht nur, der Straßenbau zerstöre die Natur, sie warnten auch frühzeitig vor den Folgen für die ländlichen Gebiete – mit Recht, wie sich jetzt zeigt. Denn bereits als die Bagger gerade erst ihre Arbeit aufnahmen, entdeckte die Immobilienbranche das Potenzial der neu erschlossenen Gebiete. Die Grundstückspreise explodierten praktisch über Nacht und plötzlich standen Dörfer, für die sich jahrzehntelang niemand interessiert hatte, bei Immobilienhändlern und Bauherren ganz oben auf der Liste. In nicht wenigen Orten schossen plötzlich Apartmentblöcke in die Höhe.

Entstand vor zehn Jahren noch jedes zweite neue Haus in Palma, so ist es laut der balearischen Architektenvereinigung jetzt nur noch jedes vierte. Gemeinden wie Calvià, Marratxí, Manacor und Campos verzeichnen enorme Zuwachsraten. Gleiches gilt für das malerisch im abgeschiedenen Tal gelegene Sóller, das durch den Bau des Sa Mola-Tunnels in Richtung Hafen aus Sicht der Immobilienbranche weiter aufgewertet wird. In Sa Pobla verdreifachte sich die Zahl der jährlich erteilten Baugenehmigungen innerhalb von drei Jahren auf 317. In mehreren Rathäusern der Insel brach ob dieses Immobilienbooms Panik aus, mehrere Bürgermeister verhängten kurzerhand Baustopps.

Exemplarisch für den Wandel, den der Straßenbau der vergangenen Jahre angestoßen hat, steht Vilafranca. Seit Menschengedenken zerschnitt die Landstraße Palma-Manacor den kleinen Ort, bis nun eine Umgehungsstraße gebaut wurde. Jetzt kommen kaum noch Autos durch Vilafranca. Was den einen freut, ärgert den anderen. Während Bürgermeister Jaume Sansó die neu gewonnene Ruhe preist, klagen die Händler an der ehemals viel befahrenen Hauptstraße über Umsatzeinbußen.

Auch in Vilafranca häuften sich laut Sansó schon ab 2005 die Anträge auf Baulizenzen. 127 Wohnungen in Dutzenden von Mehrfamilienhäusern wurden aus dem Boden gestampft. Mit rund 400 neuen Einwohnern rechnet der Bürgermeister des 2500-Seelen-Ortes. Um das Sozialgefüge nicht völlig aus dem Gleichgewicht geraten zu lassen, hat Sansó die Bauordnung geändert. Statt 65 Quadratmeter Grundstück sind nun pro Wohneinheit 150 nötig, sodass sich der Bau von Apartments nicht mehr lohnt.

Das Hauptargument der Balearen-Regierung für den massiven Ausbau des Straßennetzes ist der jahrelange Mangel an staatlichen Infrastruktur-Investitionen. Studien belegen, dass die Balearen zuletzt weniger öffentliche Mittel erhielten, als alle anderen Regionen. Dieses Defizit ist noch immer nicht ausgeglichen. Auch in den nächsten Jahren sollen mehrere hundert Millionen Euro in Mallorcas Straßen gesteckt werden. Laut Inselrat, der in Zukunft allein für den Straßenbau zuständig ist, wird dabei die Verbesserung der Zufahrtswege nach Palma Priorität haben. Vor allem ein zweiter Stadtring soll in Zukunft das alltägliche Verkehrschaos verhindern.

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