Der balearischen Tourismusindustrie weht der Ostwind scharf ins Gesicht. Urlaubsdestinationen wie die Türkei und Ägypten sind als Konkurrenten angetreten und lassen ihre Muskeln spielen. Das bekommen auch die deutschen Reiseveranstalter zu spüren. In den vergangenen Wochen erwachte bei den Bundesbürgern die Buchungslust. „Es gibt einen deutlichen Erholungstrend, aber der geht ins östliche Mittelmeer”, sagte der Vorstandsvorsitzende der TUI AG, Volker Böttcher am Mittwoch zum Auftakt der Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin. Die weltgrößte Reisemesse öffnet ihre Pforten bis einschließlich Sonntag. Unter den 11.127 Ausstellern aus 187 Ländern befinden sich wie jedes Jahr auch die Balearen in ihrer angestammten Halle 7.2b.
Auf Einladung des balearischen Tourismusamtes Ibatur gaben dort die größten vier deutschen Reiseunternehmen ihre Prognosen für 2010 ab. Doch schon vorher hatte sich angekündigt, dass die diesjährige Saison kein leichtes Geschäft wird. Pünktlich zum Auftakt der ITB hatte der Verband der balearischen Hotelketten bekannt gegeben, dass die Buchungen aus Deutschland im Vergleich zum Vorjahr zehn Prozent im Minus liegen, die aus England gar um 15 Prozent. Und dies, obgleich die Hotels bei den Verhandlungen mit den Reiseunternehmen gegenüber Vorjahr Preissenkungen von bis zu sechs Prozent gewähren mussten. „Das östliche Mittelmeer ist eine starke Konkurrenz für Spanien”, betonte Böttcher. Für die Balearen deuteten sich jedoch unterschiedliche Tendenzen ab: Während Menorca deutlich im Plus liege, seien die Buchungen für Mallorca und Ibiza im Vergleich zu 2009 „zurzeit rückläufig”.
Die TUI verhandle derzeit mit den Hoteliers, um durch zusätzliche Preisangebote die kurzfristigen Buchungen anzukurbeln. Böttcher sagte, er sei „nicht ohne Optimismus”, dass sich die diesjährige Saison noch positiv entwickeln werde.
Deutlich zuversichtlicher als der Marktführer TUI zeigte sich die neue Nummer zwei im deutschen Reisemarkt, Rewe-Touristik. „Wir haben eine überraschende Nachricht, denn wir werden weiter wachsen”, sagte Vorstand Sören Hartmann. Nach seinen Worten liegen die Buchungen für die Balearen „stark im Plus”, bei 20 Prozent gegenüber Vorjahr. Dieses Wachstum beziehe sich vor allem auf Mallorca. Damit fahre der Konzern die Früchte seiner vor zwei Jahren begonnen Neuausrichtung auf den Balearen ein. „Mit einem guten Produkt und einer guten Marketingstrategie schafft man es, die Dinge zu ändern.” Rewe sei zudem in Verhandlungen mit den Hoteliers, um mehr All-inclusive-Angebote offerieren zu können. „Das ist der Zug, auf den die Balearen aufspringen müssen.” Die Thomas Cook AG, Nummer drei in Deutschland, zeigte sich mit der Buchungsentwicklung „grundsätzlich zufrieden”. Die Reisepreise liegen fünf Prozent unter Vorjahr, im September 2010 seien die Angebote gar zehn Prozent günstiger als vor einem Jahr. Thomas Cook plant für 2011 einen sportlichen Großevent mit bis zu 2000 Teilnehmern, Details wurden nicht genannt. Der Trend gehe zum „All-inclusive-Walkaround”. Dadurch könnten die Gäste nicht nur im Hotel, sondern auch in einer Anzahl kooperierender Restaurants speisen.
Alltours, Branchenvierter, sieht die Buchungen derzeit bei drei Prozent im Plus, Ziel für 2010 seien fünf Prozent. Das Unternehmen appelliert an die Hoteliers, die Qualität nicht zu senken, auch wenn sie beim Preis Abstriche machen müssten. Qualität beziehe sich zudem nicht nur auf das Innere der Hotels, sonderen bedeute auch saubere Straßen und Strände. Der „Vorteil der Balearen sind ihre gute Infrastruktur, aber die Konkurrenzdestinationen bieten mehr All-inclusive und niedrigere Preise”, sagte Alltoursmanager Ronny de Clercq.
Neben ihrem alljährlichen Messeprogramm auf der ITB entwickelt die balearische Delegation erstmals auch eine umfassende politische und kulturelle Aktivität von ungeahnten Ausmaßen, um in Deutschland bei Politikern und Unternehmensführern Flagge zu zeigen. Der sozialistische Ministerpräsident Francesc Antich und Tourismusministerin Joana Barceló hatten noch für Mittwochnachmittag ein Treffen mit Air-Berlin-Chef Joachim Hunold anstehen. Keine andere Fluggesellschaft verkehrt so häufig zwischen Mallorca und Deutschland wie Air Berlin.
Im Anschluss ist ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der TUI AG, Michael Frenzel, angesetzt. Die TUI ist der größte Reiseveranstalter in Europa und auch auf den Balearen.
Für Donnerstag ist dem Terminplan zufolge ein Treffen von Antich mit dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Wolf Born, geplant. Am Freitag sind ein Frühstück mit dem Vorstandsvorsitzenden der Thomas Cook AG, Peter Fankhauser, angesetzt. Im Laufe des Tages treffen Antich und Barceló den deutschen Tourismus-Staatssekretär Ernst Burgbacher, den Präsidenten der Tourismuskommission des Bundestages, Klaus Brämig, und Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit.
Neben dem politischen Programm zeigen die Balearen auch kulturell Präsenz in Berlin. So richtet der spanische Staatssekretär für Tourismus, der Mallorquiner Joan Mesquida, am Mittwochabend eine „Spanische Nacht” für die Berliner Gesellschaft aus. Dort wird im Beisein Antichs der Präsident des mallorquinischen Hotelkonzerns Iberostar, Miquel Fluxá, für seine Verdienste gewürdigt.
Schon vorher ist Antich im Instituto Cervantes (dem spanischen Pendant zum deutschen Goethe-Institut), wo die mallorquinische Schriftstellerin Carme Riera einen Vortrag hält. Am Donnerstag eröffnet Antich eine Ausstellung des Ramon-Llull-Instituts.