Die ganze Situation sei „muy mala”, sagt Patricia Ribas, Direktorin des Vier-Sterne-Hotels Maristel mitten im Zentrum von Estellencs. Nicht nur, dass die Landstraße nach Andratx – „Schon vor dem Erdrutsch wegen Reparaturarbeiten” – seit nunmehr 22 Tagen gesperrt sei, heute morgen habe auch noch eine umgestürzte Pinie die Stromleitungen im Ort lahmgelegt: „Kein Telefon, kein Internet, keine Kreditkarten-Zahlung – nichts geht mehr.” Dabei sei ihr Haus von den Folgen des Erdrutsches am 8. März, der ein zehn Meter langes Teilstück der Landstraße nach Andratx fünf Meter tief absacken ließ, noch weitgehend unberührt: „Unsere Gäste haben schon vor Langem gebucht, für andere Gastronomen und Hoteliers im Ort sind die Folgen dramatischer.”
Wie für Catalina Amegual. Die Inhaberin der Cafeteria Vall-Hermos gleich schräg gegenüber lebt vor allem vom Durchgangsverkehr: „Radfahrer, Ausflügler, Tagestouristen machen den Hauptanteil meiner Gäste aus – die Straßensperre ist eine Katastrophe für uns.” Auch viele Residenten aus Andratx – „Darunter vorwiegend Deutsche” – kämen sonst öfter mal auf einen Tagesausflug vorbei wie auch „Touristen aus Peguera”. Sie alle blieben nun zu Hause, weil die meisten die lange Anreise über Palma für „unzumutbar” hielten. Am meisten nervt Catalina, dass man nun schon über drei Wochen „weder klare Informationen noch realistische Alternativvorschläge” bekommen hätte: „Unser Rathaus hat gleich reagiert, aber die Instandsetzung von Straßen ist Sache des Inselrats – hoffentlich passiert bald was.”
Draußen, auf der Sonnenterrasse mit herrlichem Ausblick aufs Meer, sitzen an diesem Montagmittag gerade mal zwei Gäste: Susanne K., die mit ihrem Freund für ein paar Tage Urlaub im Haus von Freunden in Estellencs macht, findet die ganze Aufregung um die Straßensperre übertrieben – auch wenn hier im Moment „schwieriger wegzukommen” sei. Aber: „Das kann in einer Naturlandschaft bei extremen Wetterbedingungen halt mal passieren.” Am Sonntag sei die Terrasse überdies brechend voll gewesen, nur, so Cafe-Chefin Catalina: „Solchen Betrieb haben wir im März sonst jeden Tag hier.”
Auch den beiden Radtouristen Stephan Paul und Hans-Georg Riehle, die gerade auf der Durchreise sind, ist die Ruhe im Ort aufgefallen: „Die Dachterrasse vom Hotel Maristel war sonst um diese Zeit voll – jetzt scheint sie geschlossen zu sein.” Seit über 25 Jahren kommt Stephan Paul aus dem Stuttgarter Raum regelmäßig zum Fahrradfahren auf die Insel, aber ein solches Klima wie dieses Frühjahr habe er noch nie erlebt: „Wo kommt bloß das ganze Wasser her?” Die beiden Radler sind sportlich genug, um die Strecke von Estellencs nach Andratx trotz Sperrung zu überwinden, aber in ihrem Hotel Rio Bravo an der Playa de Palma haben sie schon öfter mitgekriegt, wie Reisebusse mit Rentnern von der geplanten Westküstentour Abstand nahmen: „Die wollen einen Rundtrip machen und haben keine Lust, die kurvige Bergstrecke wieder zurück nach Palma zu nehmen.”
Am Ortsausgang, wo gelbe Schilder vor der Sperrung in elf Kilometer Distanz warnen, halten immer wieder ratlose Auto- und Motorradfahrer. „Die Strecke könnt ihr euch sparen”, rufen ihnen die Radfahrer zu: „Keine Chance.” Auch der Umweltdezernent von Estellencs, Gaspar Bosch, der gerade mit einigen Dorfbewohnern in der Cafeteria Vall-Hermos die Krisensituation im Ort diskutiert, ist froh, dass sich nun die Verantwortlichen aus Palma einschalten wollen: „Wir brauchen eine schnelle Lösung.”