Kaum ein Mensch am Strand, an diesem Sonntagabend. Gemächlich plätschern die Wellen ans Ufer und nur vereinzelt sitzen ein paar Urlauber im Sand. Ein ungewöhnliches Bild für die Playa de Palma mitten im Sommer. Der Grund: Es ist Fußball-WM - und das bedeutet an Palmas Feiermeile Ausnahmezustand.
Geschlagene zwei Stunden vor Beginn des Auftaktspiels der deutschen Mannschaft gegen Australien sind die besten Plätze schon vergeben. Dicht drängen sich die Fans in den Vergnügungstempeln vor den Großbildleinwänden.
Auf den Tischen stehen Humpen voller Bier und Berge von Pommes Frites. Kaum einer ist nicht an einem schwarz-rot-goldenen Utensil auf den ersten Blick als Fußball-Fan zu erkennen. Selbst ältere Herren, die aussehen, als hielten sie üblicherweise nicht allzu viel von geschminkten Männern, lassen sich bereitwillig die Gesichter bemalen.
Blonde Girls, die im normalen Leben fleißig ihre Ausbildung zur Bankkauffrau erledigen, lassen mal so richtig die Sau raus. "Deutschland, Deutschland", schallt es durch die Straßen. Es riecht nach Bratwurst mit Senf. Hin und wieder auch nach Müll und Erbrochenem.
Ungläubig betrachtet eine Gruppe Taxifahrer das massenhafte Treiben. "Jetzt müssen sie nur noch das Spiel verlieren", sagt einer, der offenbar nicht viel für deutsche Urlauber übrig hat, auf Spanisch. Seine Kollegen lachen. Ein bisschen wirken sie wie Eindringlinge, hier bei diesem deutschen Fußball-Fest.
Genau wie die afrikanischen Straßenverkäufer, von denen sich einige heute ein schwarz-weißes Deutschlandtrikot übergezogen haben. Allein es hilft nichts: Kaum jemand denkt daran, ihnen ein Souvenir abzukaufen.
Auch der Konzentrationskünstler auf der zusehends leereren Uferpromenade, der sein Geld damit verdient, sich nicht zu bewegen, hat heute einen schweren Stand. Hier an der Playa de Palma interessiert nichts anderes als der Fußball.
Eine eilige Gruppe junger Männer hastet von Bar zu Bar, auf der Suche nach ein paar letzten freien Plätzen mit Blick auf einen Bildschirm. Der einzige Fernseher weit und breit, der nicht das Spiel zeigt, ist an der Fassade einer Imbissbude angebracht. Er zeigt Livebilder der auf dem Grill brutzelnden Würste.
Während hier das Fett spritzt, laufen in Durban die Mannschaften aufs Feld. Aus dem "Bierkönig" dringt Jubel herüber. Nur eine Gruppe Holländer stänkert. "Orange ist nur die Müllabfuhr", schallt es ihnen entgegen. Ein Betrunkener darf seinen Rausch nicht ausschlafen. "Nicht hier", sagt ein Furcht einflößender Türsteher und schickt ihn auf die Straße. "Einer geht noch, einer geht noch rein", rufen ihm die Holländer hinterher.
Das gilt auch für die deutsche Mannschaft im fernen Südafrika. 1:0, 2:0, 3:0 - beim 4:0 durch Cacau kommt es zu Verbrüderungsszenen zwischen deutschen Fußballfans und afrikanischen Straßenverkäufern. Die spanischen Taxifahrer versuchen, gelangweilt auszusehen.
Der Übergang in die dritte Halbzeit ist gleitend. Auf den Straßen hüpfen die Fans auf und ab und schwenken ihre Fahnen. Eine Polonaise zieht durch die Bierstraße: "Fi-na-le, ohohoh, Fi-na-le, ohohoh." Es war zwar erst das deutsche Auftaktspiel des Turniers, der Optimismus aber ist grenzenlos an der Playa de Palma. Die Party soll schließlich noch möglichst lange weitergehen. Am besten bis zum 11. Juli.