Anna Netrebko gibt sich die Ehre. Am Samstag, 1. September, tritt die berühmte Sopranistin bei den Formentor Sunset Classics auf. Und sie kommt nicht allein nach Mallorca. An ihrer Seite wird ihr Ehemann Yusif Eyvazov stehen. Der aserbaidschanische Tenor singt wie seine Frau an den großen Häusern der Welt. Begleitet wird das prominente Paar vom Sinfonieorchester der Balearen unter der Leitung von Michelangelo Mazza. Das Programm: Vor allem Arien und Duette aus Verdi-Opern, aber auch aus Opern von Puccini, Mascagni und Leoncavallo.
Wenn von Netrebko die Rede ist, sind Superlative nicht weit. Als „Popstar der Oper“ oder „Superstar der Klassikszene“ wird sie gern bezeichnet, auch mit der „göttlichen Callas“ wird sie verglichen und immer wieder auf den Thron der Diven gehoben. Nur selten einmal gibt es misstönende Urteile. In Anspielung auf das gute Aussehen der Sängerin befand etwa der Musikkritiker Jürgen Kesten, sie sei „eine hinreißende Sängerin für Leute, die mit den Augen hören“. Dem hält der österreichische Kulturredakteur und Musikwissenschaftler Peter Schneeberger entgegen: „Sie ist keine vokale Pyrotechnikerin wie Edita Gruberova und keine unfehlbare Heroine wie Joan Sutherland. Was sie anzubieten hat, ist ein Gesang, der zutiefst menschlich ist und einen immer berührt.“
So oder so, Netrebko besitzt die Gabe, ganze Säle in einen kollektiven Rausch zu versetzen. Dennoch beteuert sie immer wieder, dass eben das Publikum in ihr eine Diva sehe, wenn sie auf der Bühne stehe. Tatsächlich aber sei sie eine ganz normale Frau. Diese ganz normale Frau mochte als Kind noch nicht einmal Opern. Eben wie allen normalen Kinder. Erst mit 17 nahm sie Gesangsunterricht und wurde ein halbes Jahr später am Konservatorium in Sankt Petersburg aufgenommen.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass sie als singende Putzfrau entdeckt worden sei. Netrebko hat dies einmal als „Aschenputtelgeschichte“ bezeichnet. Tatsächlich hatte sie als Studentin im Kirov-Theater die Böden geputzt und konnte so bei Proben und Aufführungen zuhören.
1993 betrat Netrebko die Bühne der Opernwelt und legte quasi einen Senkrechtstart hin, der ihr 2002 bei den Salzburger Festspielen den endgültigen internationalen Durchbruch brachte. Heute lebt die Sängerin, die die russische und die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, in Sankt Petersburg, Wien und New York. Aus ihrer Liaison mit dem Bassbariton Erwin Schrott hat sie einen Sohn. Seit 2015 ist sie mit Yusif Eyvazov verheiratet.
Wer diesen Samstag in den Genuss ihrer Stimme und der von Eyvazov kommen will, muss tiefer als sonst in den Geldbeutel greifen. 200 bis 1000 Euro kosten die Karten. Aber was ist schon normal?
(aus MM 35/2018)