Die sich stetig verschärfende Immobilienproblematik spielt auf Mallorca zunehmend eine Rolle im Wahlkampf. Angesichts unaufhörlich steigender Mieten bleibt der Vorschlag des regierenden Linksbündnisses, den Verkauf an ausländische Nicht-Residenten zu untersagen, trotz Unvereinbarkeit mit EU-Recht im Gespräch. Mit der Frage beschäftigte sich am Dienstag das Balearen-Parlament, obwohl Madrid in der vergangenen Woche klar erklärt hatte, dass man Schengen-Ausländern wie Deutschen dies nicht verbieten dürfe. Dennoch: Die Regionalkammer votierte auch mit den Stimmen der in der Frage gespaltenen Sozialisten dafür, die EU hochoffiziell zu bitten, eine Ausnahme für die Balearen zu gewähren, zumal im vergangenen Jahr kräftiger denn je gekauft wurde: Erstmals wurden über 6000 Verkaufsoperationen an Ausländer aus aller Welt registriert.
Auch das Ende der Erteilung des Residentenstatus’ an finanzkräftige ausländische Investoren ohne EU-Pass – „Golden Visa” genannt – wurde vom Parlament auf Initiative der linkspopulistischen Koalitionspartei Podemos gefordert. 2022 waren auf den Balearen 314 Käufer von Luxusimmobilien in den Genuss einer solchen Vorzugsbehandlung gekommen, wobei hier US-Amerikaner, Chinesen und Australier dominierten. Nicht offiziell gefordert wurde im Parlament, den Begriff „Großeigentümer” einzugrenzen: Schon wer mehr als fünf Immobilien künftig sein Eigen nennt, sollte als solcher gelten.
Das Linksbündnis setzt auch auf weitere Maßnahmen, um Luft aus dem Kessel zu lassen. Sollten die regierenden Parteien die Wahlen am 28. Mai gewinnen, werde man am Ende der Legislaturperiode immerhin 15.000 Sozialwohnungen auf den Balearen haben, wird hoch und heilig versprochen. Im Jahr 2015, als Ministerpräsidentin Francina Armengol an die Macht gekommen war, waren es nach offiziellen Angaben lediglich 1300 gewesen. Außerdem ist es seit dem vergangenen Montag möglich, Wohnungen zu kaufen und bei Zahlungsausfall die Inselregierung bürgen zu lassen.
Wer Kunde bei den Banken CaixaBank, Cajamar und Caixa Colonya ist, kann in den Genuss davon kommen. Eine entsprechende Vereinbarung wurde unlängst unterzeichnet. Die Immobilie darf allerdings nicht mehr als 270.000 Euro kosten und der Verdienst des Käufers nicht mehr als 57.000 Euro brutto im Jahr betragen. Außerdem ist es untersagt, eine weitere Immobilie in Spanien zu besitzen. Dass die Nachfrage danach hoch sein wird, ist angesichts der allgemein niedrigen Löhne auf den Inseln zu erwarten. 300 Antragsteller werden zunächst profitieren, 15 Millionen Euro stehen insgesamt zur Verfügung. Sicherheitshalber antichambrierte die Regionalregierung in Madrid bereits hinsichtlich einer Aufstockung des Budgets dafür.
Mieten oder Hypotheken fressen einen immer größeren Anteil der monatlichen Einnahmen der Menschen auf. Zwar raten Banken ihren Kunden, nicht mehr als 30 Prozent dafür auszugeben, doch praktisch ist das inzwischen gar nicht mehr möglich. Wohnungen unter einer Monatsmiete von inklusive 600 Euro sind extrem dünn gesät: Wie eine aktuelle Marktanalyse der führenden Portale Idealista und Fotocasa ergab, werden derer derzeit lediglich zehn angeboten. Bei Wohnungen mit einem Mietpreis zwischen 600 und 800 Euro sind es 115, was auch nicht gerade üppig ist. An Mietwohnungen zwischen 1200 und 1500 Euro sind bereits 1477 Einheiten zu finden und für mehr als 1500 Euro Miete gibt es auf der Insel immerhin 3840 Angebote.
Da Ausländer in der Regel viel mehr bezahlen können und laut dem Portal Idealista inzwischen einen auffallend großen Anteil von 28 Prozent der Suchenden ausmachen, ist die bedenkliche Lage am nicht zum Luxussegment gehörenden Markt vor allem durch sie begründet. Insgesamt ist die Nachfrage so hoch, dass – wie die MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora” jüngst berichtete – allen Ernstes dunkle, höhlenartige und muffige Keller-Behausungen im beliebten Ferienort Arenal angeboten und angenommen werden. Vor unverputzten Wänden liegt man dort mitunter auf quietschenden Pritschen, die Notdurft wird nach Angaben von Mietern zuweilen in Plastikflaschen verrichtet, als wäre dies eine Armensiedlung in Lima oder Santiago de Chile.
Zur immer angespannteren Lage auf dem Mietmarkt dürfte auch die teure Ferienvermietung nicht weniger Insel-Immobilien an solvente Urlauber beigetragen haben. In Palma ist diese zwar inzwischen untersagt, was sogar vom spanischen Gericht Tribunal Supremo in Madrid jüngst abgsegnet wurde. Sie wird aber illegal mangels Kontrolleuren einfach weiter betrieben. Und der konservativen oppositionellen Volkspartei Partido Popular ist zuzutrauen, bei einem etwaigen Wahlsieg dieses Verbot wieder aufzuheben.
Auf die gesamte Insel umgerechnet gehört im Augenblick bereits eines von fünf Urlauberbetten zur offiziellen Ferienvermietung. Es handele sich mittlerweile um genau 103.000 Plätze auf Mallorca, stellte der zuständige Verband Habtur jüngst bei einer Sitzung in Inca fest. Wobei es sich selbstredend nur um offiziell von den Behörden für diesen Zweck erlaubte Betten handelt. Illegal wird aber ebenfalls fleißig vermietet. Mit inzwischen 25 Kontrolleuren wolle man diesem Treiben Einhalt gebieten, sagte der Tourismusdezernent des Inselrats, Andreu Serra, auf der Veranstaltung. Sein Kollege Javier Pascuet forderte Anwohner sogar auf, bei Verdacht auf illegale Ferienvermietung sofort die Behörden zu informieren, und das am besten per E-Mail an die Adresse inspeccioturisme@conselldemallorca.net