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Küstenromantik und Hummer-Paella: So schön ist das Dörfchen S'Estanyol auf Mallorca

Wanderer kommen an dem interessanten Küstenabschnitt voll auf ihre Kosten. Wer Fischerromantik sucht, wird in S’Estanyol de Migjorn auf jeden Fall fündig. | Ingo Thor

| Mallorca |

Betritt man den Yachtclub von S’Estanyol de Migjorn, schaut man fast unwillkürlich ins Fenster, um zu überprüfen, ob man auch adrett gekämmt ist. Der blitzsaubere Club Náutic, der an Wochenenden von schicken spanischen Mittelstandsfamilien mit SUVs und wohlangezogenen Kindern überrannt wird, ist das soziale Zentrum des unscheinbaren Dorfes im Inselsüden. Wer hier an seinem Aperol nippt, tut dies besonders langsam, um gesehen zu werden.

Die überdachte Terrasse des durchaus vornehmen Yachtclub-Restaurants ist ein inselweit bekannter Anziehungspunkt. Wer gerne in die Ferne blickt, ist in dem Ort unweit von Sa Ràpita gut aufgehoben.

Woanders in S’Estanyol de Migjorn will man sich eher nur wohlfühlen, etwa auf den geräumigen Balkonen herausgeputzter Ferienwohnungen. Während der MM-Ortsbegehung am Montag, 5. Juni, blicken von dort aus graumelierte mitteleuropäische Zeitgenossen still und mittelmeervernarrt auf das tiefblaue Wasser. Wenige Meter davon entfernt stehen auf ebenerdigen, von Säulen eingefriedeten Terrassen bereits in die Jahre gekommener Gebäude rustikale Sofas und Stühle, hinter offenen Türen sitzen dort mitunter kaum erkennbar Spanier im Dunkeln und reden laut über Gott und die Welt. Es handelt sich um Ferienhäuser, die vor Jahrzehnten von wohlhabenden Einwohnern des 16 Kilometer entfernten Ortes Llucmajor errichtet worden waren. In einem der Gebäude weist eine Mutter mit Reibeisenstimme ein Kind so lärmend zurecht, dass die Fensterrahmen zu vibrieren scheinen. „Geh’ in dein Zimmer, GEH’ IN DEIN ZIMMER!”

Doch die Ruhe hat einen in dem Mini-Dorf mit nur 377 Einwohnern schnell wieder. Es genügt, das nahegelegene Küstengebiet Racó de S’Arena westlich des Yachtclubs anzusteuern und dort die Nase in die Meeresbrise zu halten. Unterhalb einiger nett anzusehender und mietbarer Ex-Fischerhäuser namens S’Estalella finden sich mehrere schattige Stellen im Sand. Kevin Schröder aus Hannover bewegt sich samt seiner Freundin auf dem Küstenwanderweg vom Yachtclub Richtung Leuchtturm. „Das ist hier so schön abgeschieden, richtig mega”, stößt der junge Mann sichtlich erstaunt hervor. Man finde auf der Insel immer wieder Ecken, die einen überraschen.

Felsen, Steinvorsprünge, sandige Stellen, ein länglicher Bau als Bootsgarage, schattige Plätze und ein Leuchtturm: Die Küste westlich von S’Estanyol de Migjorn ist unverwechselbar.

In der Tat. In dieser Gegend, wo sich Fischadler und Kormorane mit Blick auf das Nachbareiland Cabrera gute Nacht sagen, kann man bestens zur Ruhe kommen. Und, wenn man Lust hat, wandern. Der Küstenweg wurde sogar mit Treppenstufen veredelt. Man findet neben steinernen Bootshäusern, wie oft an der Süd- und Ostküste, auch Bunker mitsamt Schießscharten aus dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939). Der Sand ist weiß, die Felsen malerisch.

S’Estanyol de Migjorn, wo laut Wikipedia erst 1990 das Festnetztelefon und 2010 fließendes Wasser eingeführt wurden, ist auf angenehme Weise ein bisschen aus der Zeit gefallen. Hier gehen das Kreatürliche des spanischen Alltags, chilliger Schick und ein ganz spezifisches Küstengefühl eine interessante Mélange ein. Denn wo anders kann man einen meterhohem Leuchtturm bestaunen, eine schachtartige Bootsgarage am Ufer durchschreiten, schnorcheln und nicht allzu viele Gehminuten entfernt im Yachtclub gegrillte Garnelen für 19,90 Euro oder Paella mit Hummer für 24 Euro verputzen? Am Ende eines Tages kann man denn auch sagen, durchaus etwas Ungewöhnliches erlebt zu haben.

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