Die Wunde am linken Arm ist zwar mit einem großen Pflaster beklebt, aber sie schmerzt noch. Wie auch die Erinnerung an die vergangene Woche, in der Conny K. (Name der Redaktion bekannt) seine Rolex mit einem Austernmesser brutal vom Arm abgehebelt und gestohlen bekam.
Doch der Reihe nach: Gegen 13 Uhr war der 74-Jährige mit seinem Auto vom Einkauf zurückgekehrt und machte eigentlich alles wie immer. Vor der Einfahrt seines Zuhauses in Illetas drückte er auf den Knopf des automatischen Garagenöffners. Das Tor zur Einfahrt ging auf, er fuhr die steil nach unten führende Rampe hinunter und auf seinen Stellplatz. Beim Aussteigen sah er einen Mann in der Garagen-einfahrt, der auf ihn zukam. Auf holprigem Englisch fragte der Unbekannte nach der Rezeption. K. entgegnete ihm, dass dies ein Privatgrundstück und kein Hotel sei und der Eindringling sich entfernen solle.
„Trotz Vorahnung konnte ich nichts unternehmen! Das Treppenhaus war zum Fliehen zu weit entfernt. Meine Hilferufe hätte im Keller niemand hören können und ich hatte auch keinen Handyempfang, um die Polizei zu rufen”, erzählt K. „Kurze Zeit, später kam ein zweiter Mann die Garageneinfahrt hinuntergelaufen. Sie drängten mich so schnell auf den Boden, dass ich mich nicht wehren konnte. Der Neuankömmling hatte ein Austernmesser in der Hand. Als er damit unter meine Uhr fuhr, um sie mir besser entreißen zu können, schlitzte er meinen ganzen Arm auf”, sagt K. und zeigt Fotos von seiner Verletzung. „Als ich mich aufsetzte, waren die Typen schon weggerannt.”
K. resümiert den Ablauf weiter: „Das Schlimme ist, dass ich dem Kerl am selben Tag mehrmals begegnet war! Denn schon vor dem Supermarkt hatte er auf der anderen Straßenseite gestanden. Dort stach der Mann von seiner Erscheinung her aus der Menge hervor und fiel mir auf.”
Nach dem Einkauf begab sich K. auf den Heimweg. Am Zebrastreifen nahe der Parkplatzausfahrt, sah er den Mann erneut. „Er ging langsam, mit kleinen Schrittchen vor mir über die Straße. Ich dachte, dass er mich nur schikanieren wollte. Auf der anderen Seite angekommen, rannte er schnell davon. Ich dachte mir noch – was für ein bescheuerter Typ!”
Nichtsahnend fuhr der Schweizer Geschäftsmann von Santa Ponça nach Illetas. Im Nachhinein war ihm klar geworden, dass der Täter vermutlich auf das Auto seines Komplizen gewartet hatte. Als jener in Sichtweite eintraf, rannte er los, sprang in den Wagen, und sie nahmen die Verfolgung auf. Bei Conny K. zu Hause angekommen, nutzte der Täter eine Chance, über die sich K. nie Gedanken gemacht hatte: Nach dem Passieren der Toreinfahrt schließt sich das Tor erst nach 20 Sekunden. Zeit genug also, um hinter Conny K. in die Garage zu schlüpfen. Bedauerlicherweise waren weder in noch außerhalb der Garage Kameras angebracht, sodass die Kriminellen leichtes Spiel hatten. „Die Sicherheitsmaßnahmen werden nun verschärft. Es wird bald mehr Kameras und einen kürzeren Schließmechanismus des Tores geben”, sagt der Geschäftsmann.
Trotz der schlimmen Erfahrung konnte K. der Situation etwas Positives abgewinnen. „Das Handling der Polizei und anderer Spanier war bemerkenswert. Als ich endlich Hilfe rufen konnte, rückten die Guardia Civil und die Lokalpolizei mitsamt Übersetzer nach spätestens acht Minuten mit fünf Autos an, handelten professionell und mitfühlend. Besonders gerührt war ich, als der mir bekannte Chiringuito-Besitzer des nahegelegenen Strandes zufällig vorbeifuhr und bei meinem Anblick alles tat, um mir zu helfen. Er rief sofort den Sanitäter des Strandes zu mir, der mir meine Wunden fachmännisch verband. Der Rettungsdienst musste gar nicht erst gerufen werden.”
Wenige Tage später kamen die Polizisten erneut zu seinem Haus und zeigten ihm Bilder von frisch ertappten Rolexdieben, die aber nicht zur Beschreibung des Schweizers passten. Aufgrund des Sprachklangs und des Erscheinungsbildes wird vermutet, dass es sich beim Überfall in der Tiefgarage um Mitglieder einer nordafrikanischen Bande handelt.
„Im Südwesten der Insel ist der Rolexklau extrem. In meinem Bekanntenkreis hatten acht Frauen bei einem Gespräch festgestellt, dass bereits sechs von ihnen auf Mallorca eine Rolex gestohlen bekommen hatten.” Die Polizei musste mir gar nicht mehr raten, auf das Tragen der Uhr zu verzichten. Immerhin habe ich das gleiche Modell schon auf Ibiza geklaut bekommen.”