Nur an einigen wenigen Stellen sind Presslufthämmer, Kreissägen und Bagger zu hören und zu sehen. Bei der MM-Begehung der Großbaustelle am Paseo Marítimo fährt der ein oder andere Lkw auf Erdwegen herum, wo sich ehedem drei Spuren des früher autobahnähnlichen Uferboulevards befanden. Die Großbaustelle zwischen der Abzweigung zur Avenida Argentina und dem Hafen Porto Pí sieht nicht so aus, als werde diese Phase des 40-Millionen-Euro-Projekts schon im März oder April – wie von der zuständigen balearischen Hafenbehörde APB mehrfach angekündigt – beendet sein.
Alles kommt weniger als halbfertig daher, allzu viele Arbeiter sind zwischen Betonmischern und noch nicht verlegten Rohren nicht zu sehen. Die Disko „Social Club”, die wegen juristischer Probleme nach wie vor nicht abgerissen werden konnte, steht wie eh und je samt Pool und Fußgängerbrücke wie eine Insel auf der Straße. Zudem wurde erst kürzlich beschlossen, dass die unterirdischen Müllcontainer nicht wie geplant auf der Restaurant-, Hotel- und Barseite, sondern auf der noch nicht umgebauten Meeresseite installiert werden sollen. Und dennoch: Unlängst erklärte Antonio Ginard – bei der APB für Infrastruktur zuständig – dass bereits 75 Prozent der Arbeiten neben den Lokalen über die Bühne gebracht worden seien.
„Wir lauben fest, dass diese Phase direkt neben den Bars und Restaurants bald fertig sein wird”, so auch Antonio Ruiz von der Anwohnervereinigung Associació Veins Passeig Maritim gegenüber MM. „Das wird doch immer so gesagt!” Zwar sei alles mitunter staubig und laut, doch am Ende werde die Straße mit vielen neuen Bäumen und Flaniermöglichkeiten schöner denn je aussehen. Der extrabreite Bürgersteig sei schon weit fortgeschritten, so Antonio Ruiz weiter. Man mache sich jetzt schon Sorgen, dass dann vielleicht noch mehr trinkendes und lärmendes junges Partyvolk als ohnehin schon in die Bars dieser Gegend findet.
Der Paseo Marítimo gilt vor allem unter spanischsprachigen Nachtschwärmern seit Jahren als „place to be”, immer wieder kommt es im Umkreis der eher eng bemessenen Etablissements, wo vor allem Latino-Musik und Reggaeton erklingen, zu Gewalttaten. Wiederholt wurden dort Partygänger nachts heimtückisch angegriffen und bestohlen.
Ungeachtet optimistischer Äußerungen sticht bei der MM-Ortsbegehung Merkwürdiges ins Auge: Einige in den neuen Bürgersteig eingearbeitete Löcher, in die wohl Exemplare der deutlich über 1000 geplanten Bäume gepflanzt werden sollen, sind seltsamerweise voll mit Unkraut, das schon weit über einen Meter hoch ragt. Und fast überall liegen zahllose Betonquader und -streben herum, die wohl noch ihrer Benutzung für die Verschönerung der Straße harren.
Die wenigen Bars und Cafés, die geöffnet haben, sind fast leer. In der Bar „Kenzo”, welche in der Nähe des im Gebäude der ehemaligen Tito’s-Diskothek befindlichen blütenweißen Lío-Etablissements liegt, hat man sich vor schmucken Wodka- und Whisky-Flaschen mit den Gegebenheiten arrangiert. „Das ist zwar nervig, aber was sollen wir machen”, so eine Tresenkraft, während etwa drei Meter entfernt zwei Arbeiter mit ohrenbetäubend lauten Presselufthämmern hantieren.
Man sei sich darüber im Klaren, dass die Menschen hier kaum Parkplätze finden. Ein „estacionamiento” in der Nähe des königlichen Marivent-Palastes befindet sich in größerer Entfernung, mit den Arbeiten für ein unterirdisches Parkhaus wurde noch nicht – wenn dies überhaupt je geschehen sollte – begonnen. Dieses war von den auf den Balearen seit dem Sommer regierenden Konservativen angeregt worden.
Woanders am Paseo Marítimo haben Betreiber von Gaststätten schon längst aufgegeben: Die Lokale sind leergeräumt. An einem steht in großen Lettern, dass es hier „bald” ein neues Restaurant geben werde. Nachbarschafts-Chef Antonio Ruiz hofft in diesem Zusammenhang, dass neue Leiter von Gastbetrieben „vernünftigere Leute” anlocken werden. Im ehemaligen Cappuccino-Café, das kurzzeitig Emblemàtic hieß, gähnt seit vielen Monaten beklemmende Leere. Vertreter auch anderer Branchen haben sich inzwischen davongemacht, etwa diejenigen, die noch vor nicht allzu langer Zeit in der Filiale der Europcar-Autovermietung gearbeitet hatten. Ansonsten verärgert einen wie eh und je die mit zahllosen Graffiti beschmierte Ruine der ehemals oberhippen Pacha-Open-Air-Diskothek.
Es gibt also noch viel zu tun am Paseo Marítimo, zumal ein wuchtiges Stadt-Hallenbad in einer Nebenstraße und die neuen Gebäude des berühmten „Club de Mar” noch lange nicht fertig sind. Und die zweite Bauphase – der Umbau des an der Hafenseite befindlichen Bereichs der Straße – steht erst noch bevor.