Das neue Verbot der Stadt Palma de Mallorca, das das Übernachten in Campingmobilen und Wohnwagen untersagt, hat in den vergangenen Tagen zu erheblichen Protesten sowie der Ankündigung juristischer Schritte von Seiten der Betroffenen geführt. Rund 400 Familien, die derzeit auf zu provisorischen Siedlungen umgestalteten Stellplätzen leben, sehen sich kriminalisiert, weil sie sich die horrenden Mieten der Inselhauptstadt nicht leisten können. Die Stadtregierung verschärft mit dem Verbot die ohnehin angespannte soziale Lage – und könnte sich nun vor Gericht wiederfinden.
„Wir sind einfache Bürger. Sie können uns nicht einfach aus der Stadt werfen, als ob wir Ungeziefer wären“, empörte sich Javier de las Heras, ein Sprecher der Wohnwagenbewohner gegenüber MM-Schwesterzeitung Ultima Hora. Er wirft Bürgermeister Jaime Martínez Doppelmoral vor: „Das Problem sind nicht die 400 Wohnwagen in der Gemeinde, sondern die Wohnungsnot, die ganz Mallorca betrifft. Aber anstatt echte Lösungen zu schaffen, werden wir wie Störenfriede behandelt.“
Die Ankündigung der Stadt, die Bußgelder ab 2025 zu verhängen, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Für Begoña, die mit anderen in der Siedlung Son Hugo lebt, ist klar: „Wir wohnen im Wohnwagen, weil wir keine andere Wahl haben. Wir hinterlassen keinen Müll, wir respektieren die Regeln. Aber sie wollen uns unsichtbar machen.“ Die Plattform der von Hypotheken betroffenen Menschen (PAH) unterstützt die Proteste. Sprecherin Àngela Pons kritisiert scharf: „Sie wollen Palma säubern – aber säubern von Menschen wie uns, die sie als Plage sehen.“
Die Betroffenen planen rechtliche Schritte gegen das Verbot. Besonders die neuen Regelungen der Generaldirektion für Verkehr (DGT) könnten zum Streitpunkt werden: Ab Januar 2025 sollen Wohnwagen offiziell als Fahrzeuge gelten, was das Parken auf der Straße ohne Bußgeld erlaubt. „Wenn Palma diese Regelung ignoriert, werden wir sie verklagen“, kündigt de las Heras an. Gleichzeitig warnen die Protestierenden, dass ein Verbot ohne Alternativen nicht durchsetzbar sei: „Die Geldstrafe ist keine Lösung.“
Während sich die Konflikte zuspitzen, legen Architekten konkrete Vorschläge zur Abfederung der Wohnungsnot vor. Der balearische Architektenverband (COAIB) fordert ein umfassendes Verbot von Ferienvermietungen in Mehrfamilienhäusern sowie die Umwandlung leerstehender Hotels in Wohnungen. „Die Preise auf Mallorca sind in den letzten 15 Jahren um 56 Prozent gestiegen. Wohnungen sind keine Spekulationsobjekte, sondern müssen wieder ihrer sozialen Funktion dienen“, erklärt COAIB-Dekan Bernat Nadal.
Die Architekten kritisieren zudem die schleppende Erteilung von Baugenehmigungen. „Genehmigungen dauern ein bis zwei Jahre – das ist nicht tragbar. Wir haben der Stadtverwaltung Hilfe angeboten, um die Prozesse zu beschleunigen“, so Nadal. Er warnt davor, die Kontrollen privatisieren zu wollen, und fordert eine stärkere öffentliche Hand: „Wir brauchen eine Wohnpolitik, die über Jahrzehnte Bestand hat.“
Die Zahlen, die der COAIB vorlegt, zeichnen ein düsteres Bild: Während die Balearen jährlich um 22.000 Menschen wachsen, sinkt das Pro-Kopf-Einkommen kontinuierlich. Sozialwohnungen machen einen verschwindend geringen Anteil aus – sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. „Wir haben nicht einmal die Grundlagen, um die Wohnungsnot zu bewältigen“, sagt Joan Cerdà, Vorsitzender der mallorquinischen Architektenkammer.
Für die Stadtregierung ist das Verbot Teil einer „Aufwertung“ des Stadtbildes. Doch für die Betroffenen ist es Ausdruck einer Politik, die die Schwächsten verdrängt. „Die Regierung verschenkt öffentliches Land an private Bauträger, anstatt Sozialwohnungen zu schaffen“, prangert PAH-Sprecherin Àngela Pons an. Sie verweist auf den absurden Quadratmeterpreis von 2600 Euro in geförderten Siedlungen. „Die Menschen brauchen echte Sozialwohnungen – keine Almosen.“
Die Konfrontation zwischen der Stadt Palma und den Wohnwagenbewohnern könnte nun die Gerichte beschäftigen. Gleichzeitig wächst der Druck auf die Stadtverwaltung, sich mit den tieferen Ursachen der Wohnungsnot auseinanderzusetzen. Architekten und soziale Initiativen fordern ein Ende der Symbolpolitik und echte Maßnahmen. Doch ob die Verantwortlichen diese Herausforderung annehmen, bleibt offen.