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Mallorca wird zur Wasser-Wetterstation: Wie Hightech-Sonden der Insel helfen sollen, einer neuen Dürre-Ära zu trotzen

Die Landesregierung verwandelt Grundwasserreservoirs in eine Echtzeit-Landkarte. Was das über die Zukunft verrät – und warum Entsalzung ohne Daten nicht reichen wird

Dürre: So sieht es derzeit am Stausee Gorg Blau im Tramuntana-Gebirge aus | Foto: Fernando Fernández

| Mallorca |

Mallorca liebt die Sonne – doch 2025 brachte sie der Insel zunehmend Durst. Die offiziellen Dürreaufnahmen aus dem Oktober zeigen ein alarmierendes Bild: 15 Gemeinden, vor allem im Inselzentrum und rund um Artà im Nordosten, stehen auf Alarmstufe, der Rest auf Voralarm. Die Wasserreserven liegen bei nur 44 Prozent – trotz eines meteorologisch „normalen“ Oktober. Historisch müssten die unterirdischen Wasservorkommen zu dieser Jahreszeit über der 50-Prozent-Marke liegen. Doch die jüngsten Jahre haben einen Trend etabliert: weniger Regen, mehr Hitze, längere Trockenphasen. Die Folge: Grundwasserreservoirs, die sich immer schlechter erholen, und eine Insel, die lernen muss, mit weniger auszukommen.

Das neue Nervensystem der Insel

Um der unsichtbaren Krise im Untergrund zu begegnen, startet die Landesregierung ein Projekt, das Mallorca buchstäblich durchleuchten soll: eine digitale Wasserkarte in Echtzeit. Kernstück ist ein 2,7-Millionen-Euro-Überwachungssystem mit Sonden, die in die Grundwasserquellen eingelassen werden, sowie intelligenten Zählern an den wichtigsten Entnahmestellen. Diese digitale Infrastruktur ist so etwas wie ein medizinisches Monitoring für Mallorcas Wasserkreislauf: Sie zeigt, wie viel Wasser entnommen wird, wie schnell sich die Speicher erholen – und wann das System an seine Grenzen gerät. Ein Pilotprojekt misst bereits große Brunnen per Sensorik im Sekundentakt. Die Ära der monatlichen, handschriftlich notierten Wasserstände neigt sich damit ihrem Ende zu. „Wir wollen ein Werkzeug, das nicht nur rückblickt, sondern reagiert“, heißt es aus der Behörde Recursos Hídrics.

Warum Grundwasser so wichtig ist

Kein anderes Element des Versorgungssystems ist so bedeutend wie das Grundwasser: 74 Prozent des Trinkwassers stammen aus diesen unterirdischen Speichern. Bislang wurden die Daten dazu manuell gesammelt – mühselig und verspätet. Mit dem neuen Echtzeitnetz kann die Regierung schneller auf Belastungen reagieren und frühzeitig gegensteuern, bevor Einschränkungen drohen. Besonders im kommenden Sommer könnte dieses digitale Frühwarnsystem entscheidend sein.

Wer muss sich Sorgen machen?

Eine akute Gefahr für großflächige Versorgungsunterbrechungen besteht derzeit nicht“, erklärte ein Sprecher der zuständigen Wasserverwaltungsbehörde gegenüber der MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora". Der Grund: Das leistungsstarke Hochdrucknetz und die Entsalzungsanlagen von Palma, Andratx und Alcúdia können große Teile der Insel ausgleichen, wenn Brunnen zurückgehen. Gefährdet bleiben jedoch die Gemeinden im Landesinneren, die noch nicht an die sogenannte Wasserquerachse Mallorcas angeschlossen sind. Wo kein Anschluss ist, muss das Wasser weiter aus eigenen Brunnen kommen – und genau diese Quellen stehen unter zunehmendem Druck.

Entsalzung – Mallorcas zweite Wasserader

Entsalztes Meerwasser ist heute längst nicht mehr nur eine Notlösung. Die Anlage in der Bucht von Palma versorgt einen Großteil der Metropolregion – von Palma bis Llucmajor. Im Norden stabilisiert die Anlage von Alcúdia die Versorgung bis nach Pollença, sa Pobla und Muro. Und im Westen schützt die Anlage von Andratx besonders empfindliche Gebiete vor sommerlicher Überlastung. Hinzu kommen zwei große Grundwasservorkommen – Sa Marineta bei Llubí und S’Extremera am Fuß der Tramuntana – sowie Oberflächenwasser aus den Stauseen Cúber und Gorg Blau und der Quelle Sa Costera. Aus diesen Knotenpunkten speist das Hochdrucknetz die Gemeinden, die dieses Wasser wiederum mit eigenen Brunnen mischen.

Die große Frage: Was macht der Winter?

Ob die Insel entspannt in den Sommer 2026 geht oder erneut zittern muss, entscheidet sich in den kommenden Monaten. Kommen Herbst und Winter mit „normalen“ Niederschlagsmengen, könnte sich die Lage spürbar erholen. Bleiben Regen und Kälte jedoch aus, wird sich die Abhängigkeit von Entsalzung weiter verschärfen – vor allem im Landesinneren und auch auf Ibiza. „Die Kombination aus angespannten Grundwasservorkommen und strukturellem Temperaturanstieg zwingt uns, klüger und schneller zu reagieren“, warnt die Behörde.

Ein Blick in Mallorcas Zukunft

Mallorca steht an einer Schwelle: Die neue digitale Wasserkarte könnte der Insel helfen, eine nachhaltigere Nutzung ihrer Ressourcen zu entwickeln – wenn sie konsequent genutzt wird. Sicher ist: Wasser wird in Zukunft auf Mallorca nicht nur ein Gut, sondern ein präzise überwachter, strategischer Faktor sein. Die Insel, die Millionen Menschen mit Sonne und Meer begeistert, muss den Blick nun stärker nach unten richten – auf das, was unsichtbar ist, aber alles am Laufen hält.

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