Es ist ein kleines Paradies: Versteckt hinter hohen Zypressen plätschert ein Zulauf in einen Gartenteich, das satte Blattgrün unzähliger Wasserhyazinthen gibt dem Ambiente eine exotische Note. Willkommen im Fischzuchtbetrieb für Süßwasserfische in Pollença.
Hier werden neben Goldfischen, Kois und anderen Zierfischen auch Königskarpfen gezüchtet, Letztere für den Verzehr. Neben einer staatlichen Einrichtung in Extremadura ist die Firma "Carpeix Pollença" der einzige private Karpfenzuchtbetrieb in ganz Spanien.
Da müsste doch jetzt kurz vor Weihnachten Hochbetrieb herrschen?! Essen Mallorquiner Karpfen? "Nicht einen einzigen!", sagt Betriebsinhaber Jaume Alorda. Denn anders als in den Regionen nördlich der Alpen haben die Flossentiere mit dem runden Maul keinen Platz in der traditionellen Mittelmeer-Küche.
Und dennoch sind die Fische begehrt in Spanien. Nicht umsonst gibt es die Zuchtstation Vega de Guadiana, von der auch Alorda und sein Geschäftspartner, der Veterinär Pep Cerdà, vor fast 30 Jahren ihre ersten Lebend-exemplare bezogen hatten.
Die Tiere werden in der spanischen Landwirtschaft eingesetzt als schwimmende Putzkolonne. Gerade im Raum Sa Pobla, mit seinen vielen gemauerten Speicherbecken zur Bewässerung der Felder, kommen die Karpfen zum Einsatz.
Die Fische fressen alles, was im Wasser kreucht und fleucht. Insbesondere Mückenlarven haben gegen die Karpfen keine Chance. Doch noch wichtiger ist den Landwirten, dass die Tiere die Algen in den traditionellen Wasserbehältern, den sogenannten "Safareig", beseitigen.
Insbesondere jene feinen, haarartigen Grünalgen, die das Wasser in langen Fäden durchziehen und sich mitunter zu dichtem Gewölle verklumpen, sind ein Leckerbissen für die Karpfen. Der Vorteil für die Bauern: Dank der Fische können die Algen weder Abflüsse noch Bewässerungsleitungen verstopfen.
Also kommt an Weihnachten kein Karpfen auf den Tisch? "Naja", sagt Jaume, "mit der Zeit hat sich ein Kundenstamm gebildet, der sehr wohl unsere Tiere als Speisefische zu schätzen weiß." Dabei handelt es sich vor allem um Deutsche, Briten, Niederländer, Skandinavier und Polen, die sich bei dem Betrieb in Pollença mit Frischfisch eindecken.
Die Tiere wechseln für zehn Euro das Kilo den Besitzer. Anders als in Nordeuropa verkaufen Alorda und Cerdà allerdings zumeist relativ junge Karpfen, ein- bis zweijährig, um die 22 Zentimeter lang und 300 Gramm Gewicht. "Das sind kleinere Fische, als man sie in Deutschland zubereitet. Aber so entspricht jeder Fisch einer Portion und passt exakt auf einen Teller."
Tatsächlich macht der Verkauf der Speisefische nur etwa fünf Prozent des Geschäftsumsatzes aus. Selbst eine Zusammenarbeit etwa mit einem Hotel kommt - das ergab ein Versuch - nicht in Frage. "Unsere Produktion ist zu klein. Sie wäre innerhalb von zwei Tagen ausverkauft. Wir müssten extrem vergrößern. Aber das haben wir nicht vor."
Der Wasserkreislauf für den Betrieb ist geschlossen, die rund 45.000 Liter werden meist mit Windkraft und Solarstrom umgepumpt. Nur die Wassermenge, die verdunstet, muss ausgeglichen werden. Wasserpflanzen filtern das Nass.
In den vielen anderen Becken des Zuchtbetriebes blinkt es im Wasser feuerrot. Das sind die Goldfische und Kois. Die Firma beliefert Aquariengeschäfte in ganz Spanien.
Die wertvollsten dieser Fische, die Kois, werden für einen Euro pro Zentimeter Körperlänge abgegeben. Das ist weit entfernt von den Preisen, die in Japan für die Zierfische gezahlt werden. Dort kosten Prachtexemplare bis zu 30.000 Euro.