Ist das öffentliche Nahverkehrsnetz auf Mallorca wirklich so schlecht, wie gemunkelt wird? In Ermangelung eines eigenen Autos habe ich es bei einer Reise in den Inselnorden getestet, und zwar von Palma nach Moscari, einem 400-Seelen-Nestchen am Rande der Tramuntana, knapp 40 Kilometer nordöstlich der Inselhauptstadt.
1. Etappe: Auf zum Bahnhof. Egal, wohin man auf der Insel will, los geht es in der Regel an der Plaça d’Espanya, genauer gesagt an der Estació Intermodal. Von diesem unterirdischen Bahnhof aus fahren Busse, U-Bahnen und Regionalzüge in alle Richtungen ab. Angefahren wird der Verkehrsknotenpunkt von fast jedem Bus der Stadt, ein Blick auf die mehrsprachige Website der Nahverkehrsbetriebe von Palma (www.emtpalma.es) oder auch Google Maps verrät, welche Linie in der Nähe abfährt. Den Busfahrschein gibt es für 1,50 Euro direkt beim Fahrer. Wichtig zu wissen: Die Fahrer akzeptieren höchstens Zehn-Euroscheine.
Das klingt simpel und auf dem Weg zum Bahnhof kann eigentlich nichts schiefgehen - wenn man wegen der palmaüblichen Staus etwas mehr Fahrtzeit einplant und sich früh genug an der Haltestelle einfindet. Außerdem: Bis zur Ankunft des nächsten Busses kann es einige Zeit dauern - so dass man, wie in meinem etwas weniger organisierten Fall, kurzerhand doch noch in ein Taxi umsteigen muss.
2. Etappe: Raus aus Palma. Die nächste Station ist das Städtchen Inca, 30 Kilometer nördlich von Palma. Dorthin gelangt man absolut problemlos. Etwa alle zehn Minuten fahren eine Regionalbahn oder ein Bus ab, wie ein Blick auf die Website www.tib.org verrät. Dort erhält man einen Überblick über alle Nahverkehrsverbindungen auf der Insel, übrigens auch in deutscher Sprache. Neben Tipps für Ausflugstouren mit dem Bus lassen sich auch Tarifübersichten und aktuell gültige Fahrpläne herunterladen, denn die Abfahrtszeiten variieren je nach Saison.
Tickets kann man ganz unkompliziert an einem der mehrsprachigen Automaten im Bahnhof kaufen. Günstig sind die öffentlichen Verkehrsmittel auch: Die gut halbstündige Fahrt im komfortablen Zug kostet gerade einmal 3,15 Euro. Und dabei hat man alle Ruhe der Welt, die gelbblühende Frühlingslandschaft zu genießen.
Wichtig zu wissen: Die Zugtickets haben einen QR-Code, den man wie im Flughafen scannen muss, um unter den gestrengen Augen eines Sicherheitsbeamten Zugang zum Bahnsteig zu erhalten. Das Gleiche gilt bei Ankunft am Zielbahnhof, den man nur nach erneutem Scannen des Fahrscheins verlassen kann. Das Ticket also auf keinen Fall wegwerfen!
3. Etappe: Weiterfahrt ins Nirgendwo. In Inca heißt es, erneut umsteigen und zwar in einen Minibus. Der fährt allerdings nur alle paar Stunden ins acht Kilometer entfernte Bergdörfchen Moscari. Sich spontan auf den Weg zu machen, empfiehlt sich also nicht, wenn man lange Wartezeiten an dem verwaisten Busbahnhof vermeiden will - es sei denn, man plant eine Kurzbesichtigung von Inca gleich mit ein. Kurz vor der Abfahrtszeit finden sich wie aus dem Nichts überraschenderweise dann doch noch ein paar verstreute Fahrgäste ein, offensichtlich allesamt gute Bekannte des Busfahrers.
Für den inselüblichen Einheitspreis von 1,50 Euro startet auch er mehr als pünktlich zur kurvenreichen Fahrt durch die einsame Landschaft. Schafe und Radfahrer sind die einzigen weiteren Verkehrsteilnehmer. Eine halbe Stunde lang fällt der Blick auf grüne Gebirgszüge, Zitronen- und Olivenbäume und hingesprenkelte Dörfchen, in die sich kaum ein Tourist verirrt. In zweien davon hält der Bus an menschenleerer Straße, um ein paar alte Damen zu entlassen, so dass nur ich noch bis zur Endhaltestelle in Moscari übrigbleibe. Dort wandere ich entspannt durch menschenleere Gassen in Richtung Dorfcafé. Das ist allerdings trotz der Abgeschiedenheit des Örtchens überraschend gut gefüllt – mit durstigen Radfahrern.
Fazit: Am stressigsten ist - wie für Autofahrer auch - der Verkehr im staugeplagten Palma. Natürlich dauert die Fahrt mit Bus & Bahn deutlich länger als im PKW, auch wenn die Anschlussverbindungen ab Palma besser sind als erwartet. Knapp anderthalb Stunden hat die Reise in den Norden gedauert. Mit dem Mietwagen wäre es wohl in der Hälfte der Zeit gegangen. Und natürlich müssen Hin- und Rückweg im Voraus geplant werden, um lange Wartezeiten an Bus- oder Bahnhaltestellen zu vermeiden. Dafür aber erlebt man einen Teil des Alltags der Mallorquiner mit, kann die Landschaft in aller Ruhe genießen und kommt für kleines Geld entspannt am Ziel an.
NAHVERKEHR DIGITAL
Nützliche Apps: Wann kommt der nächste Bus? Welche Linien fahren in der Nähe ab? Das verrät die App Mobipalma der städtischen Verkehrsbetriebe EMT. Über Bus-, Zug- und U-Bahnverbindungen im Rest der Insel informiert die App von TIB (Transporte Público de Mallorca). Die App der mallorquinischen Bahn (Serveis Ferroviaris de Mallorca) beinhaltet Fahrpläne, Preise und Verspätungen.
(aus MM 16/2017)