Ein Kaffee auf der Terrasse des La Residencia mit Blick auf die Tramuntana, das wäre schön gewesen. Doch mitten in der Corona-Krise ist vieles anders und so findet das Interview mit dem neuen Direktor des Luxushotels in Deià, Thomas Moons, per Videotelefonie statt. Der 36-jährige Belgier leitet seit Januar das Fünf-Sterne-Haus.
2019 verbrachte er mit seiner Frau, die aus Wien stammt, einen Urlaub in Deià. Das war das erste Mal, dass der Hotelier die Insel besucht, ihre Schönheit sowie die Inselweine genossen hatte. „Damals haben wir gesagt, dass es toll wäre, wenn wir eines Tages auf Mallorca leben könnten”, erzählt er und lacht. In dem Urlaub erlebte er das La Residencia in vollen Betrieb und bei „vollem Glanz”, wie er sagt. So zögerte er auch nicht, als er von seinem Chef gefragt wurde, an welchem Standort er seinen nächsten Posten beziehen wollte, mit der Antwort: „Mallorca!”.
Ende November kamen Moons und seine Familie auf die Insel, sie zogen nach Palma. Im Dezember wurde er von seinem Vorgänger Ulisses Marreiros eingewiesen, dieser wechselte nach acht Jahren Mallorca nach Rio de Janeiro ins Copacabana Palace.
„Es ist das erste Mal, dass ich in einem saisonal betriebenen Ressort tätig bin”, erklärt Moons. Er musste sich auf der Insel erst daran gewöhnen, in einem geschlossenen Hotel zu arbeiten. Wann der neue Hoteldirektor den ersten Gast im La Residencia begrüßen kann, ist bisher noch offen. In den Vorjahren lief der Betrieb Mitte März an, in diesem Jahr wird das Hotel voraussichtlich Anfang April öffnen – wenn es die Umstände und Buchungszahlen zulassen. „Unsere Gäste stammen zu 50 Prozent aus Großbritannien.” Der Erfolg der Saison hängt also unter anderem von der Reiselust der Briten ab.
Das La Residencia hat die kürzeste Saison seiner Geschichte hinter sich. 2020 war es von Ende Juli bis Ende September geöffnet. Welche Pläne hat Moons für dieses Jahr? „Das werden wir spontan sehen. Ich gebe mir erst einmal 100 Tage, um Fuß zu fassen”, betont er. Derzeit finden einige Instandhaltsarbeiten im Hotel statt.
Mehrmals wurde das Hotel zu einem der besten Häuser Europas gekürt. Es gehört zum Touristikunternehmen Belmond. Belmond betreibt unter anderem Luxuszüge und organisiert Flusskreuzfahrten. La Residencia zählt 71 Zimmer und Suiten, teilweise mit Privatpool ausgestattet, die auf vier Häuser verteilt sind. „Es ist kein steifes, steriles Schickimicki-Hotel, sondern die Gäste sollen eher das Gefühl haben, bei Freunden zu übernachten”, betont der neue General Manager.
La Residencia ist – ganz in der Tradition Deiàs – ein Anlaufpunkt für Freunde der Kunst. Kultur und Natur verschmelzen dort. Im Außenbereich sowie im Inneren des Hotels finden sich Kunstwerke, darunter auch Arbeiten von Joan Miró. Der Skulpturengarten mit Werken balearischer, spanischer und internationaler Künstler wurde 2012 eingeweiht.
Das Haus zieht außerdem die internationale Prominenz an. Vergangenen Sommer weilte Fußballer Cristiano Ronaldo dort, auch Sänger Robbie Williams, Pierce Brosnan, Melanie Griffith, Mike Oldfield und Lady Di sollen schon im La Residencia genächtigt haben.
Der französische Luxuskonzern LVMH (unter anderem Louis Vuitton) kaufte Ende 2018 für 2,8 Milliarden Euro das Unternehmen Belmond, das La Residencia sowie 34 weitere Exklusivhotels weltweit unterhält. Bis Anfang der 2000er Jahre hatte das Haus dem britschen Multi-Unternehmer Richard Branson gehört. Danach ging es an die Orient-Express-Kette über, die später zu Belmond Limited wurde.
Den Anfang fand das Landhotel 1984, als das deutsche Ehepaar Axel und Kristen Ball 1984 zwei alte Bauernhäuser und eine Ölmühle umbauten. Das ansässige Restaurant „El Olivo” zierte viele Jahre unter Koch Josef Sauerschell ein Michelin-Stern. Inzwischen kocht dort sein Schüler Guillermo Méndez.
Im Mai 2018 weihte der britische Modeschöpfer und Innenausstatter Matthew Williamson die „Suite 67” ein, die er gestaltet hatte. Die Räumlichkeiten mit privatem Pool tragen jene farbenfrohe Handschrift, mit der Williamson in den 1990er Jahren in der Modewelt bekannt geworden ist.
La Residencia fügt sich in den außergewöhnlichen Charme Deiàs ein. Thomas Moons setzt auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Rathaus des Bergdorfs, um verschiedene Projekte auch im sozialen Bereich voranzubringen. „Ich habe mich auch in den kleinen Läden im Ort vorgestellt”, erzählt er. Aus seiner Sicht kann der touristische Luxussektor viel zur Weiterentwicklung der Insel beitragen.
Ein Großteil der Mitarbeiter stammt übrigens aus Sóller, erzählt der Hotelier. Er legt Wert auf eine Work-Life-Balance, Zeit mit der Familie zu verbringen und gesteht dieses auch seinen Angestellten zu. „In der Hochsaison müssen wir viel arbeiten, das ist klar”, sagt der Familienvater. Doch in der Nebensaison sollen nicht immer Überstunden geschoben werden: „Der Betrieb muss auch mal ohne den Chef laufen, sonst stimmt ohnehin im Team etwas nicht.”