Den Lebensabend auf Mallorca verbringen, das ist für viele Deutsche ein Traum. Nicht wenige machen ihn wahr, und ziehen auf die Sonneninsel. Aber was, wenn man plötzlich pflegebedürftig wird? Ist die Versorgung auch im Ausland gesichert? Bezahlt die deutsche Pflegeversicherung auch Leistungen in Spanien?
Meistens, sagt Dr. Rainer Fiene, fangen dann die Probleme an. Der Internist lebt und arbeitet auf Gran Canaria und ist Koordinator des Medizinischen Dienstes Hessen, der für die Begutachtung der Pflegestufen in Spanien und Portugal zuständig ist. Nachdem die bisherige Gutachterin auf Mallorca, Dr. Petra Christ, nach Deutschland zurückgekehrt ist, führte ihn sein Weg in den vergangenen Monaten mehrfach auf die Insel, wo zirka 30 Personen pro Jahr ein solches Gutachten beantragen.
"Auf den Balearen leben viele ältere Deutsche. Der 45-Jährige, der einen leichten Schlaganfall hat, ist hier eher die Seltenheit. Die meisten Menschen, für die ich ein Gutachten erstellen muss, sind im Rentenalter. Deshalb stellen wir sehr oft Pflegestufe eins oder zwei fest."
Die Geldleistungen der deutschen Pflegeversicherung können auch in Spanien problemlos bezogen werden. Das hatte der Europäische Gerichtshof bereits 1998 entschieden. Soweit die Pflegebedürftigkeit erst im Ausland eintritt, beauftragt die deutsche Pflegeversicherung ortsansässige Ärzte wie Rainer Fiene mit der Begutachtung. 235 Euro gibt es für Pflegestufe eins, 440 Euro für Stufe zwei und 700 Euro für Stufe drei.
"Das Problem an dem System ist, dass im Ausland zwar das Pflegegeld, nicht aber die sogenannten Sachleistungen bezogen werden können. Das sind Dienste einer ambulanten Pflegeeinrichtung oder von Altersheimen. In Verbindung mit einer manchmal nur kleinen Rente reicht das Pflegegeld alleine aber oft nicht aus, um die adäquate Versorgung sicherzustellen", so Fiene. Zwar gibt es seit 2013 auch im Ausland Zuschläge für eingeschränkte Alterskompetenz (120 Euro ohne Pflegestufe, 70 Euro bei Stufe eins, 85 Euro bei Stufe zwei, keine Zuschläge bei Stufe drei), Sachleistungen aber gibt es nur in Deutschland.
Sachleistungen aber gibt es nur in Deutschland
"Viele pflegebedürftige Menschen gehen deshalb zurück", sagt Thomas Kaczmarek, Geschäftsführer von "Handicap Mallorca", der mit seinem Unternehmen auf dem Gebiet der Altenpflege aktiv ist. "Wenn ein Pflegeplatz in einem Heim oder die Ganztagespflege unumgänglich werden, dann heißt der einzige Ausweg für viele Senioren Deutschland. "Das liegt zum einen daran, dass viele die Pflege in der Heimat für hochwertiger halten, vor allem aber, weil sie dort die nötigen Sachleistungen beziehen können, mit deren Hilfe der Heimplatz oder die Ganztagespflege bezahlt werden können", so Rainer Fiene.
Natürlich gebe es auch die Möglichkeit, sich einen Laienpfleger ins Haus zu holen. Vor allem Einwanderer aus Südamerika arbeiten auf Mallorca als private Pfleger. "Aber auch das muss erstmal bezahlt werden."
Wenn es um Pflegeheime geht, kommen für Deutsche ohnehin nur die teuren, privaten Einrichtungen infrage, denn für die staatlichen Heime gibt es lange Wartelisten. Viele deutsche Betreiber haben bereits das Handtuch geworfen. "Mehrere Träger wie die Diakonie haben sich aus Einrichtungen auf dem Festland oder auf den Inseln zurückgezogen, viele ambulante Pflegedienste schließen nach kurzer Zeit wieder", so Fiene.
Thomas Kaczmarek will diesem Trend mit seinem Unternehmen "Handicap Mallorca" entgegensteuern und eröffnet zusätzlich zu seinen Sanitätshäusern im Februar einen mobilen Pflegedienst in Peguera. "Wir versuchen eine Grundversorgung für pflegebedürftige Menschen sicherzustellen. Zudem werden wir ein Seniorencafé anbieten, damit die Menschen auch mal 'raus' kommen."
Genau das sei besonders wichtig, so Rainer Fiene. "Das Problem vieler älterer Menschen, die in die Pflegebedürftigkeit rutschen, ist, dass sie oft kein Spanisch können und kaum integriert sind. Das macht alles noch viel schwieriger." Er rät zu Integration und dem frühzeitigen Erlernen der Sprache. Was die Gesamtsituation angeht, machen weder Fiene noch Kaczmarek allzu große Hoffnungen. "Solange keine Sachleistungen im Ausland bezogen werden können, wird es für viele Senioren schwierig, sich die Pflege auf Mallorca leisten zu können."
DIE SPANISCHE SEGURIDAD SOCIAL
Wer in Spanien in einem Angestelltenverhältnis steht, ist in der Regel automatisch bei der staatlichen Seguridad Social kranken- und pflegeversichert. Zum 1. Januar 2007 ist das neue Pflegegesetz in Kraft getreten. Binnen acht Jahren soll ein System, das sich in weiten Teilen am deutschen Modell orientiert, entstehen. Es soll bis zum Jahr 2015 in Stufen, beginnend mit ambulanten Leistungen für schwerst Pflegebedürftige (Haushaltsunterstützung, Tageszentren) aufgebaut werden.
Daneben sieht das Gesetz Geldleistungen für Betreuung und Heimplätze vor. Die Geldleistungen liegen zwischen 300 Euro (Stufe I), 426 Euro (Stufe II) und 715 Euro (Stufe III). Seit dem Jahr 2011 kommt es hierzulande jedoch regelmäßig zu Engpässen im Pflegebereich. Bei einem Umzug von Deutschland nach Spanien ist ein Wechsel in die Seguridad Social möglich.
(aus MM 45/2014)