Für Felipe González ist es die beunruhigendste Situation der letzten 40 Jahre. Der ehemalige spanische Ministerpräsident liegt mit seiner Einschätzung richtig. Der 1. Oktober, der Tag, an dem die katalanischen Separatisten ihr Referendum abhalten wollen, ist ein gefährliches Datum für Spanien. Nichts deutet darauf hin, dass die Vernunft noch obsiegen könnte. Da rasen zwei Züge aufeinander zu, und die Lokführer geben Gas.
Selbst wenn das Referendum abgewendet werden und der 1. Oktober gewaltfrei über die Bühne gehen sollte – erreicht ist damit noch nichts. Dann „feiern“ die Separatisten künftig eben den Tag, an dem Kataloniens Freiheitsdrang brutal von der spanischen Staatsmacht unterdrückt wurde. Das Klima ist für Jahre vergiftet, und der Konflikt schwelt weiter. Nur mit dem Unterschied, dass die Unabhängigkeitsbefürworter deutlich mehr Anhänger haben werden als noch vor ein paar Monaten. Auch auf Mallorca, wo man die Separatisten bislang an einer Hand abzählen konnte. Jetzt ist mit Més schon eine Regierungspartei auf dem Trip.
Die katalanischen Regierungsparteien, die noch nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung repräsentieren, treiben ein egoistisches und populistisches Spiel, das bereits jetzt fürchterliche Konsequenzen für das Zusammenleben in der Region hat. Und Rajoy? Der spanische Ministerpräsident kann zwar mit dem Gesetzbuch winken, hat aber in historischen Dimensionen versagt, weil er sich jeder Diskussion um mehr Autonomie oder einen gerechteren Finanzausgleich – es geht doch immer auch ums Geld – verweigert hat. Möglicherweise hätte man sogar die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Referendum schaffen müssen. Siehe Schottland.
Kleinstaaterei ist für die meisten von uns Europäern ein Anachronismus, bar jeder Logik. Aber manchmal geht es eben auch um Gefühle. Und die gilt es ernst zu nehmen. An die Stelle der Konfrontation muss der Dialog treten. Darin sind spanische Politiker zugegebenermaßen nicht sonderlich geübt. Deshalb wird in diesem Konflikt jemand vermitteln müssen, etwa die EU. Die Zeit wird knapp.
Viel Glück Spanien!