Eine hochbegabte junge Pianistin, ein glänzend disponiertes Orchester mit einem gutgelaunten, dynamischen Chef am Pult und drei absoluten Knallern des sinfonischen Repertoires – aus diesen Ingredienzien war das Menü des dritten Abonnement-Konzerts gestern Abend im gut besetzten Auditorium komponiert. Es war ein Fest der Bläser – bei Mozart waren es vor allem Flöte, Klarinette und Fagott, während das Blech dann in Ravels genialer Bearbeitung der „Bilder einer Ausstellung« seine große (und virtuos genutzte) Stunde hatte.
Die Ouvertüre zu „Don Giovanni«, Mozarts „schwärzester« Oper, bildete das Tor zu einem Abend voller Kontraste und klanglicher Raffinessen. Pablo Mielgo nahm sie zügig, die Dämonie Don Giovannis beherrschte ab dem ersten, gewaltigen d-moll-Akkord das musikalische Geschehen und kontrastierte im Hauptthema der nach dem Prinzip der Sonatenform konstruierten Ouvertüre mit dessen ungezügelter Lebens- und Liebeslust. Ungemein farbig, ohne allzu sehr nach Breitwand-Kino zu klingen (wie etwa bei Karajan) wurde da musiziert. Er habe sogar schon zwei Ouvertüren im Kopf, hatte Mozart schalkhaft behauptet, als ihn die Prager Musiker drängten, das Eingangsstück endlich zu Papier zu bringen. Ob er dabei die Konzertfassung mit ihrem etwas bombastischen Schluss im Auge hatte, ist natürlich Spekulation. Letztendlich entschied er sich, nach einem Piano-Schluss direkt in den ersten Akt einzuführen und ohne Pause Leporello sein „notte, giorno« singen zu lassen. Mielgo entschied sich für den plakativeren Konzert-Schluss, der vermutlich gar nicht von Mozart stammt und ein wenig wie ein Fremdkörper wirkt, denn eigentlich bedarf es dieser Power-Demonstration nicht. –
Das Klavierkonzert Nr.23 ist eingerahmt von zwei Konzerten, in denen Mozart wesentlich größeres Besteck auffährt: sowohl in KV467 als auch in KV491 sorgen Pauken und Trompeten und der gleichzeitige Einsatz von Oboen und Klarinetten für fast majestätische Klangopulenz. In KV488 kommt Mozart ohne diesen Pomp aus – und zaubert eine luzide, fast kammermusikalische Atmosphäre. In diesem Geist zelebrierten Mielgo und die Sinfoniker blühende Farbigkeit, die weit mehr war als nur der Klangteppich für die Solistin. Die 20jährige Eva Gevorgyan setzte den Fokus auf den Dialog mit den Holzbläsern, der auf überragendem technischem Niveau gelang. Geschmeidiges Parlando in den Ecksätzen, berührende Emotionalität im Adagio zeichneten ihr Spiel aus. Für den begeisterten Applaus bedankte sie sich mit zwei Zugaben, unter anderem mit dem letzten der 24 Préludes op.28 von Chopin.
Über Ravels Bearbeitung von Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung« schrieb Hans Renner 1959(!) in Reclams Konzertführer, in ihr suche man den „echten« Mussorgsky vergeblich. Aber danach sollte man gar nicht erst suchen, Ravels Arrangement ist ein eigenständiges Werk, Mussorgsky re-composed würde man heute sagen. Mit völlig neuen Klangkombinationen eröffnet der geniale Instrumentator eine neue Welt. Eine gute Aufführung gelingt nur, wenn der Dirigent dieses raffinierte Klanggeflecht transparent in Szene zu setzen weiß – und wenn ihm ein Klangkörper zur Verfügung steht, der seine Impulse umsetzen kann. Beides war gestern Abend gegeben, von dem fast fahlen Beginn der ersten Promenade bis zum triumphal strahlenden „Tor von Kiew« konnte das Publikum eine mitreißende Interpretation erleben. – Das Konzert wird heute Abend in Manacor wiederholt. Karten gibt’s hier.