Geisterhaftes von Weber, selbsttherapeutische Bekenntnismusik von Mahler und ein „Requiem for the Living« von Dan Forrest gibt’s am 23. Januar im Teatre Principal und einen Tag später im Auditorium von Manacor. Unter der Stabführung des in Palma geborenen Dirigenten José María Moreno musizieren die Sinfoniker sowie der Chor Capella Mallorquina. Solisten des Abends sind die Sopranistin Vanessa Goikoetxea und der Countertenor Adrià Sánchez.
„Glauben Sie an Gespenster?« fragte einst der große Carlos Kleiber seine Musiker bei einer Probe zu Webers „Freischütz«-Ouvertüre. „Tun Sie’s bitte für die Dauer dieser Ouvertüre!« In der Tat sind Oper und Ouvertüre geisterhaft, ganz nach dem Geschmack der Romantiker. Der „Freischütz« ist eine geniale Mischung aus Nationaloper und Horrorgeschichte, das schaurige Libretto schrieb der Dichter, Verleger und Redakteur Friedrich Kind nach einer alten Volkssage, die er in einem Gespensterbuch fand. Und Carl Maria von Weber zog in seiner Musik alle Register instrumentalen und vokalen Grauens. Das Ganze feierte 1821 in Berlin seine Uraufführung. Da lebte Beethoven noch, und im Publikum saß neben Heinrich Heine und dem jungen Mendelssohn der „Gespenster-Hoffmann«, E.T.A. mit Vornamen und Meister des literarischen Grauens. – Schon die Ouvertüre schlug ein wie eine Bombe. Man könnte sie als Trailer bezeichnen, sie enthält Motive aus der Oper und nimmt auch das Happy End vorweg. Am Anfang versetzt sie den Hörer in einen ruhigen, friedlichen deutschen Wald. Komponistenkollege Hans Pfitzner meinte sogar, der spiele in dem ganzen Stück die Hauptrolle. Doch alsbald schleicht sich das Grauen ein, sachte à la Stephen King, in Gestalt des Samiel-Motivs. (Samiel heißt der Teufel in dieser Oper.) Solche Leitmotive waren anno 1821 etwas revolutionär Neues. Berlioz griff diese Technik zehn Jahre später in seiner Symphonie fantastique in großem Stl auf, und für Richard Wagner waren sie geradezu das allein seligmachende Prinzip im „Ring des Nibelungen«. - Mit einer Musik, die aus dem Soundtrack zu einem Hollywood-Gruselfilm stammen könnte, umgarnen finstre Mächte den arglosen Jägerburschen Max. Ihnen stellt Weber eine Melodie von Agathe, Maxens Braut, gegenüber. Nachdem sich das Böse in Gestalt Samiels noch einmal in Erinnerung gebracht hat, nimmt das Happy End in strahlendem Dur Anlauf, und das Gute triumphiert in Gestalt der Agathe-Melodie. Wie gesagt ist das Eine Vorwegnahme des Opernfinales, das klingt nämlich so. Überhaupt schadet es nicht, wenn man bei dieser Ouvertüre ein wenig über die Oper Bescheid weiß. Michael Lohse erklärt in seinem Podcast „Meisterstücke« die Zusammenhänge kenntnisreich kabarettistisch. Wenn Sie erleben wollen, was ein großer Dirigent aus diesen rund zehn Minuten so alles herausholen kann: bei YouTube gibt’s ein Proben-Video mit dem eingangs erwähnten Carlos Kleiber.
Gustav Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen« stellen die Bewältigung euner unerfüllten Liebe des 24-jährigen Komponisten dar. Sie entstanden ursprünglich, nach eigenen Texten, für Singstimme und Klavier. Vier davon hat Mahler später orchestriert, das bekannteste ist „Ging heut Morgen übers Feld«. Diese Melodie gefiel Mahler so gut, dass er sie in seiner ersten Sinfonie (mit dem bezeichnenden Titel „Der Titan«) zitierte und daraus einen ersten Höhepunkt im ersten Satz entwickelte. – In dem Podcast „Das starke Stück« erläutert der Tenor Thomas Hampson die musikalischen, biografischen, theologischen und philosophischen Zusammenhänge.
Nach der Pause erklingt dann das „Requiem for the Living des am 7. Januar 1978 in Breesport, New York geborenen Dan Forrest. Es ist eines seiner bekanntesten Werke und wurde 2013 uraufgeführt. Dieses Werk wurde weltweit mehrfach gespielt und ist für seine emotionale Tiefe und seine beeindruckende Chorbesetzung bekannt. Das "Requiem for the Living" unterscheidet sich von traditionellen Requiems, indem es sich auf das Leben und die Hoffnung konzentriert, anstatt auf den Tod, ähnlich wie das „Deutsche Requiem« von Brahms. Es ist ein eindrucksvolles Beispiel für Forrests Fähigkeit, tiefgreifende menschliche Erfahrungen durch Musik auszudrücken. Hier eine kurze Hörprobe. – Karten für das Konzert in Palma gibt’s online auf der Website des Teatre Principal, für Manacor klicken Sie bitte hier.