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Hippes Fischerdörfchen El Molinar

Vom unansehnlichen Küstenflecken zum Hotspot

Wegen der Promenade kommen die Leute an den Feiertagen von weit her nach El Molinar.

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Als Unternehmer Herbert Ehrhardt mit seiner Frau Lourdes vor zehn Jahren in den Ortsteil Portitxol von Palmas Vorort El Molinar eine Wohnung suchte, verzogen seine Bekannten das Gesicht. Dieser unscheinbare Hafen vor Palma hatte in ihren Augen so gar nichts zu bieten: Weder spektakuläre Strände noch moderne Wohnanlagen. "Die Promenade war damals noch nicht so schön wie heute, die Häuser teilweise richtig heruntergekommen, die Strände dreckig", erinnert sich Ehrhardt. Dennoch wollten er und seine Frau Lourdes am Meer wohnen, gleichzeitig aber in der Nähe der Stadt. In Artà, ihrem ersten Wohnort auf Mallorca, war es ihnen zu langweilig geworden.

Die beiden hatten einen guten Riecher, denn mit dem Ausbau der Promenade im Jahr 2003 änderte sich das Ansehen des Viertels radikal. Molinar und Portitxol wurden plötzlich als stilvoller Geheimtipp gehandelt. Das gilt bis heute. "Wir haben sehr individuelle Kunden, die sich nichts vorgeben lassen wollen", sagt Steffen Döhne von der Mallorca Mietbörse. Der Deutsche hat vor mehr als zehn Jahren ebenfalls frühzeitig auf Molinar und Co. gesetzt. "Molinar ist nicht das klassische Ziel für Käufer und Mieter, sondern eher was für Fortgeschrittene", sagt der Immobilienexperte. Von der ersten bis zur dritten Meereslinie reiche der Mietpreis von 10 bis 20 Euro pro Quadratmeter. Allerdings ließen sich in den Gassen und hinter der Hauptstraße Carrer Llucmajor auch günstige Wohnungen finden. Gleichzeitig gebe es noch immer Nostalgie und Dörflichkeit, so Döhne, auch wenn die Anwohner immer jünger und internationaler werden.

Den Wandel bemerkte auch Ehepaar Ehrhardt, als es in ihrem Barrio vor sechs Jahren umzog. Um das Apartment im Ortsteil La Gruta mussten sie richtig kämpfen. "Die Warteliste für die Wohnung war lang", erinnert sich Herbert Ehrhardt. "Das ist hier ein bisschen wie der Düsseldorfer Hafen, da wollte früher auch keiner wohnen, heute ist es eine der teuersten Wohnlagen", sagt Ehrhardt. Mittlerweile sei die Fluktuation höher geworden. "Ich kenne meine Nachbarn gar nicht mehr, die ziehen hier nicht ein, die checken nur noch ein", sagt der humorvolle Duisburger. Was er an seinem Viertel schätzt: "Hier hat man alles, die Nähe zum Meer und die Anbindung zur Stadt." Kleinere Einkäufe erledigt Ehefrau Lourdes in den kleinen Geschäften der Nachbarschaft: Die Früchte holt sie bei Paquita in der Carrer La Gruta, das Fleisch bei Son Gual in Portitxol. "Ein ganz altes Geschäft, da gehe ich am liebsten hin", sagt die gebürtige Brasilianerin.

Für Herbert Ehrhardt, den bald 77-jährigen Unternehmer, geht es in Molinar manchmal etwas zu turbulent zu, vor allem wenn er an einem Feiertag auf die Promenade will. "Mit meinem Hund Teddy brauche ich dann gar nicht hinzugehen", sagt er. Aus demselben Grund bevorzugen er und seine Frau auch die zweite Reihe. Seinen Ruhestand will Ehrhardt nun auch endlich genießen. Im kommenden Jahr wird die Firma Nolte-Küchen in eigener Verantwortung mehrere große Studios in Santa Ponça und Manacor einrichten. Nach Eröffnung der neuen Geschäfte wird Ehrhardt seine Unternehmen auf Mallorca aus Altersgründen nach und nach auflösen. Dann hat er sicherlich Zeit, einen lang gehegten Traum umzusetzen: Endlich mal am Strand von Portitxol angeln zu gehen.

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