Was haben Prinz Charles, Bill Clinton und Juan Carlos gemeinsam? Sie hätten besser eine Seitensprung-Agentur benutzt. Früher wäre so ein Mega-Werbeplakat mit Foto des spanischen Königs hierzulande kaum denkbar gewesen, "frech" findet Christoph Kraemer, der das US-Fremdgehportal "Ashley Madison" in Deutschland, Österreich, der Schweiz und seit Mai 2011 auch in Spanien vertritt, es aber nicht. Fazit nach einem Jahr: "In Spanien haben wir nach Australien mit über 35 Prozent die meisten weiblichen User." Von den spanienweit 650.000 Registrierten fallen rund 13.000 Personen auf die Balearen.
Dass die Spanierinnen so zahlreich dabei sind, wertet er als "Nachholbedarf": "Wenn man bedenkt, dass Frauen hier noch vor gut 35 Jahren kein eigenes Bankkonto oder auch nur einen Job ohne Erlaubnis ihres Mannes haben durften, sehr verständlich." Trotzdem habe es zunächst auch ihn gewundert, dass das Fremdgehportal auf Mallorca stärker genutzt werde als etwa auf Ibiza: Vielleicht weil man dort weniger Angst vorm "Auffliegen" hat? Am aktivsten seien die Seitensprüngler in Palma, genauer: an der Playa de Palma.
Rund 150 Mallorca-Seitensprünge seien von Deutschland aus "verbucht" worden: "Man will vielleicht sicher gehen, dass im Urlaub auf jeden Fall ,was geht'", vermutet Christoph Kraemer. Nach dem Motto: "Ich geh' dann mal zwei Stunden auf den Golfplatz, Schatz." Die User "feige" zu nennen, findet er aber zu kurz gedacht: "Oft sind die Beziehungen weitgehend intakt, aber nach einigen Jahren stellt sich halt erotisch-sexuelle Langeweile ein. Soll man deshalb gleich die ganze Partnerschaft beenden?"
Das kann ja schnell der Fall sein kann, findet das Fremdgehen doch in "riskanten Umfeldern" wie im näheren Bekanntenkreis oder am Arbeitsplatz statt - und fliegt dann auf. Oberste Maxime bei der Seitensprung-Agentur laute denn auch: Diskretion. Gerade so transparente und öffentlich einsehbare Kommunikationsfelder wie Facebook - "20 Prozent aller Scheidungen haben hier ihren Ursprung" - zeigten: "Heute ist es sozusagen der digitale Lippenstift, der den Untreuen überführt."
Und in Zeiten andauernder Wirtschaftskrise überlegten es sich Paare heute dreimal, bevor sie sich trennen: In der Not rückt man zusammen, gerade in Spanien seien die Scheidungsraten in den vergangenen zwei, drei Jahren auffällig gesunken, so Kraemer. Vielleicht ein Grund mehr für den unglaublichen Erfolgskurs seines Fremdgeh-Portals: Zehn Millionen User weltweit, alle neun Sekunden ein neues Mitglied, geschätzter Gesamtumsatz 2011 bei zirka 125 Mitarbeitern in 15 Ländern: rund 40 Millionen Dollar.
"Monogamie ist nun mal nicht Teil unserer DNS", sagt Christoph Kraemer und setzt noch eins drauf: "Ein Auslaufmodell." 25 Prozent der weiblichen User seien übrigens Singles: "Alleinerziehende Mütter oder Karrierefrauen, die Erotik, aber keinen festen Partner wollen." Dass der Mann, der das Erfolgsportal 2002 gründete, Noel Biderman heißt, ist kein Weihnachtsmärchen - und auch kein Scherz. Apropos: Zwei Haupteigenschaften wünschen sich fast alle "Fremdgeher" von ihrer künftigen Bett-Bekanntschaft: Fantasie und, ganz wichtig, Humor.