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Angemacht und ausgeraubt

Wie betrunkene Playa-Touristen von "Prostituierten-Banden" ausgeraubt werden

Angeboten wird Sex - dann ist oft die Brieftasche weg. Neu ist das Phänomen an der Playa de Palma nicht. | Foto: Ultima Hora

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Kaum ein Medium auch in Alemania, das den weiblichen "Ballermann-Banden" in den vergangenen Tagen nicht mindestens eine Story widmete: "Prostituierte beklauen betrunkene Mallorca-Touristen" - so oder ähnlich lauteten die Schlagzeilen. Zuvor hatten hiesige Lokalzeitungen von "Großrazzien" der Polizei vor allem an der Playa de Palma berichtet, die dem Spuk ein Ende machen sollten.

Fakt ist: Ganz offensichtlich haben sich (auch in Calvià und Cala Rajada) Kleingruppen von vier, fünf Frauen - sie sollen vor allem nigerianischer Abstammung sein - darauf spezialisiert, betrunkene Urlauber zu bestehlen. Die Taktik ist immer gleich: Während mehrere Frauen den Mann umringen und ihm deutliche sexuelle Angebote machen, stiehlt eine von ihnen dem Opfer die Brieftasche (plus Smartphone und mehr, falls vorhanden). Wer nichts dabei hat, soll nach Augenzeugenberichten auch mal einen Schlag versetzt bekommen.

Ansonsten gehen die Meinungen darüber auseinander, wie neu, verbreitet und "gefährlich" diese Gaunermasche auf Mallorca wirklich ist. Ángel García Sanz, Sprecher der Policía Local von Palma, hält den Ball flach. Zwar gäbe es derzeit mehr Anzeigen wie auch eine Häufung von Fällen in den vergangenen Tagen. Aber: "Das Phänomen ist nicht neu", sagt er.

"In den spezifischen Bedingungen der Tourismusmeilen, wo oft viel Alkohol im Spiel ist, geht Prostitution nicht selten mit versuchtem Diebstahl einher." Neu sei vielleicht die zurzeit gehäuft auftretende "Gruppenbildung" von Frauen - wobei zu hinterfragen sei, ob es sich dabei tatsächlich um Prostituierte handelt - oder um Diebesbanden, die sich als Dirnen ausgeben.

Auch die in den Inselzeitungen kolportierten Zahlen - allein an der Playa sollen rund 200 Frauen in dieser Weise ihr Unwesen treiben - hält er für völlig übertrieben: "Vielleicht sind es inselweit so viele - an der Playa allein eher 20, 30."

"Gefühlt" hat die systematische Verfolgung betrunkener Touristen auf dem Nachhauseweg aus der Disco allerdings zugenommen, berichten auch Anwohner der Playa, die das Geschehen nächtlich beobachten. Beatrice Ciccardini, die Ecke Calle Llaüt (Arenal) wohnt, erlebt fast jede Nacht, "wie Besoffene umzingelt werden und später laut brüllen, wenn sie merken, dass sie beklaut worden sind". Das sei auch früher vorgekommen, aber dieses Jahr doch "gehäuft".

Auch Party-Sänger Peter Wackel macht sich inzwischen manchmal Sorgen um "Leib und Wohl" der Urlauber: "Wenn wir morgens nach dem Auftritt im Oberbayern nach Hause gehen, sieht man sie überall in den Seitenstraßen. Wenn du nüchtern bist und/oder eine Frau an deiner Seite hast, 'greift' dich allerdings niemand an - im wahrsten Sinne des Wortes."

Michael Bohrmann, Inhaber vom "Deutschen Eck" in der Bierstraße, warnt seine Gäste ebenfalls davor, sich nachts allein auf den Heimweg zu machen: "Ich empfehle immer ein Taxi, selbst wenn es nur einige Hundert Meter sind - das Risiko lohnt sich einfach nicht."

Der Wirt hat den Eindruck, dass die Massivität der Prostitution - wie die kriminelle Energie - zugenommen hat: "Das wird Jahr für Jahr schlimmer - eine echte Plage. Und ich fürchte, sie ist schon so weit fortgeschritten, dass man sie kaum noch in den Griff kriegen kann."

Alle Playa-Anwohner zeigen sich einig über die Wirksamkeit verstärkter Polizeipräsenz: "Bei regelmäßigen Patrouillen nehmen sie sich deutlich zurück - und nach Razzien verschwinden sie sogar ganz. Nach ein paar Tagen sind sie allerdings wieder da."

Das sieht Polizeisprecher Ángel Gracía Sanz ähnlich: "Das Problem ist komplex und schwer in den Griff zu kriegen", räumt er ein. Hinzu käme, dass auch die Rechtsgrundlage nicht eindeutig geklärt ist. Prostitution - zumeist auf den Straßen - ist in Spanien generell nicht verboten, per se also kein "Delikt."

Andererseits haben Frauen in diesem Gewerbe hier keine ausdrückliche "Lizenz". "Kriminelle Absichten" seien ja oft gar nicht gegeben, und wenn: "Wie will man sie nachweisen?" In engmaschigen Kontrollen und Razzien sieht García Sanz bislang eines der wirksamsten Instrumente gegen die "kriminelle Prostitution". Und an weiteren Strategien werde "aktuell gearbeitet".

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