Wenn Urlauber durch Arenal spazieren und dem ausbetonierten Bachbett des Torrent des Jueus landeinwärts folgen, dann gelangen sie an eine imposante Brücke mit einem 20 Meter hohen Bogen. "Was ist das denn?", werden sich die meisten wundern.
Das Bauwerk ist die alte Eisenbahnbrücke, auf der einst Züge von Palma nach Arenal und weiter über Llucmajor und Campos bis nach Ses Salines und Santanyí verkehrten. 50 Jahre ist es erst her, dass der Betrieb auf dieser Linie eingestellt wurde. Sprich: Nahezu jeder Rentner der Region hat die Loks und Waggons noch mit eigenen Augen rollen sehen.
Wer geübten Auges durch den Südosten von Mallorca fährt, stößt immer wieder auf Relikte der früheren Bahnstrecke. Zum Beispiel an der Autobahn Palma-Llucmajor: Zwischen den beiden Ausfahrten 10 (Gewerbegebiet Son Oms) und 11 (Es Pil·larí) ist landeinwärts eine niedrige Brücke mit drei Bögen im Gestrüpp auszumachen. Es ist die alte Eisenbahnbrücke, die den Torrent von Son Sunyer überspannt. Hier fuhr der Zug längs, wenige hundert Meter vom parallelen Strand entfernt.
Wer die Brücke erblickt, erkennt auch mit Leichtigkeit den mit Büschen bewachsenen Bahndamm, der sich über das Brachland bis nach Es Pil·larí hinzieht. Dort stehen noch die vier Wände eines verfallenen Häuschens, in dem früher Passagiere auf den Zug warten konnten. Es Pil·larí war lange Zeit (etwa von 1930 bis 1960) jene Haltestelle, an der Strandgänger ausstiegen, um durch unbebaute Sanddünen an die noch jungfräuliche Playa de Palma zu gelangen.
Wie kaum jemand sonst haben sich Miquel Rigo und Miquel Àngel Riera mit der verschwundenen Bahnstrecke beschäftigt. Rigo ist im Beruf Lokführer, Riera Steuerberater. Beide stehen dem Verein der Balearischen Eisenbahnfreunde (AAFB) vor, der jüngst sein 25-jähriges Bestehen gefeiert hat. Generalsekretär Rigo ist all die Kilometer abgelaufen, um die Überbleibsel der alte Bahnstrecke zu dokumentieren. Oft ist nichts mehr zu erkennen, befinden sich doch Gebäude wie der Flughafen oder Äcker auf der Trasse. Die alten Bahnhofsgebäude sind jedoch zum Teil erhalten und heute Privathäuser mit Gärten.
"Der am besten erhaltene Abschnitt der Trasse besteht zwischen Arenal und Llucmajor. Hier ist es unser Ziel, einen offiziellen Wanderweg zu erlangen", sagt Präsident Riera. In Spanien gibt es für stillgelegte Bahnstrecken, die heute Wanderwege sind, die Bezeichnung "vía verde" (grüne Wege). Der Abschnitt von Arenal nach Llucmajor würde durch unbebautes Gelände führen. "Das wäre traumhaft!"
Nicht als "vía verde" will Riera hingegen das Vorhaben bezeichnen, dass die Regierung auf der alten Bahnstrecke zwischen Manacor und Artà errichten will. "Das ist derzeit nur eine temporäre Aussetzung des Bauprojekts für eine neue Bahnstrecke!", betont Riera. Er gibt die Hoffnung nicht auf, dass eines Tages doch wieder Züge von Palma über Manacor bis nach Artà verkehren werden, "und dann weiter nach Cala Rajada, samt Fähranschluss nach Ciutadella auf Menorca".
Die Eisenbahn auf Mallorca ist Infrastruktur aus dem 19. Jahrhundert, sagt Riera. Sie diente zum Transport von Waren. Aber auch im 21. Jahrhundert habe die Bahn durchaus eine sinnvolle Daseinsberechtigung. "Und zwar insbesondere als Transportmittel für Urlauber."
Mehr Infos unter www.aafb.net
(aus MM 15/2014)