So wie er sie anschaute, war völlig klar, wie er Frauen sah", erinnert sich Renate Pentzien. Sie spricht über Gunter Sachs. "Er hat Frauen immer als Göttinnen gesehen. Er hat das Schönste an ihnen gesehen und sie so fotografisch in Szene gesetzt."
Gunter Sachs wäre am 14. November 82 Jahre alt geworden. Er hat sich im Jahr 2011 das Leben genommen. Renate Pentzien denkt noch heute oft an den Millionenerben, dessen Leben so viele verschiedene Facetten hatte. Denn die Frau, die heute mit ihrem Mann Michael die "Ahoy! Port Gallery" in Port Adriano betreibt, hat ein Jahr ihres Lebens mit Sachs verbracht. Sie war vor mehr als 30 Jahren seine Foto-Assistentin und stand auch selbst oft vor seiner Kamera. Zusammen produzierten die beiden das Buch "Lichtbilder".
Sachs war Unternehmer, Fotograf, Kunstsammler, Lebemann und der Inbegriff eines Playboys. Aber er war auch Gentleman. Wie hat Renate Pentzien ihn erlebt? "Ganz eindeutig als Gentleman. Er war für mich eine Art Vaterersatz."
Kennengelernt hat die Hamburgerin Gunter Sachs in Kalifornien. Sie war nach dem Abitur auf die Reise gegangen, um vor dem Studium ein Jahr lang die Welt zu erkunden. Das tat sie dann auch, an der Seite von Sachs. Sie gehörte praktisch zur erweiterten Familie, pflegt noch heute Kontakt zu Sachs' Witwe Mirja und dem Sohn Rolf.
"Zusammengebracht hat uns Sydney Chaplin, der Sohn von Charlie Chaplin", erinnert sich Pentzien. Sie wusste damals nicht, wer Sachs ist. Die Chemie stimmte aber schnell. Er nannte sie "Kasperlila". "Weil ich so viel Unsinn gemacht habe", schmunzelt die einstige Foto-Assistentin. "Gunter hatte für viele Menschen Kosenamen."
"Mir fiel relativ schnell auf, dass sich sein Leben total von meinem unterschied." Vielleicht war das der Grund dafür, dass der Weltmann mit seinen rund 50 Jahren so gut mit der 19-Jährigen über Gott und die Welt reden konnte.
Die gemeinsame Zeit dauerte ein Jahr, dann kehrte Pentzien zurück nach Hamburg, absolvierte ihr Studium (Anthropologie, Sportwissenschaft, Journalistik) und wurde TV-Redakteurin bei Sat 1. Den Kontakt zu Gunter Sachs und seiner Familie konnte sie im Laufe der Jahrzehnte aufrechterhalten.
"Die Fotografie war seine Leidenschaft. Und er konnte es sich leisten, seine Leidenschaft zum Hobby zu machen. Er war aber nicht nur jemand, der einfach Geld geerbt hatte. Es gibt Leute, die haben Geld und sind reiche arme Leute. Und dann gibt es Leute, die haben Geld und sind reich an Inspirationen, an Ideen, an Mitgefühl, an Verantwortung, an Feinfühligkeit. Zu diesen Menschen gehörte er."
Renate Pentzien hat Material für eine Gunter-Sachs-Ausstellung zusammengestellt, die bis Anfang November im Hotel Castell Son Claret bei Es Capdellà zu sehen war. Vor allem Fotografien des Künstlers, die Sachs ihr seinerzeit geschenkt hatte und Making-of-Bilder, die sie selbst gemacht hatte. Jetzt sind die Exponate in der "Ahoy! Port Gallery" zu sehen.
Als Renate Pentzien 2011 vom Freitod ihres Freundes erfuhr, war sie fassungslos. Ein Jahr zuvor hatten sie und Ehemann Michael Mirja und Gunter Sachs das letzte Mal in Saint-Tropez besucht. Anzeichen für den radikalen Schritt habe es nicht gegeben. Pentzien: "Aber ich glaube, dass Menschen, die hochsensibel sind, nicht nur Höhen höher erleben, sondern auch Tiefen tiefer."
(aus MM 46/2014)