Touristen sind es zwar, die auf Mallorca im Sommer die Wirtschaft auf Touren bringen, doch das bringt natürlich auch seine Schattenseiten mit sich. Jüngst reagierten erboste Mallorquiner mit unfreundlichen Graffiti-Sprühereien in der Altstadt auf den auch dieses Jahr wieder bevorstehenden Massenansturm. "Tourist go home - Refugees welcome" oder "Guiris go home" war vergangene Woche auf diversen Mauern zu lesen, auch wenn sich der Bürgermeister von solchen Exzessen distanziert und die konservative Opposition sogar eine Charme-Offensive unter dem Motto "Welcome Tourists" gestartet hat.
So richtig ernst zu nehmen ist das Ganze also vielleicht nicht. Doch was verbirgt sich hinter dem Wörtchen "Guiri", das die Spanier gerne für Ausländer aus nördlichen Ländern verwenden? Es dürfte eine Art Hassliebe sein. Schließlich kann der kuriose Ausdruck unverändert auch in der weiblichen Form verwendet werden und bezieht sich auch auf blonde Schwedinnen, die seit Jahrzehnten die Fantasie ganzer mallorquinischer Aufreißer-Generationen angeregt haben. "Das Wort ist nur dann negativ gemeint, wenn es mit Verachtung ausgesprochen wird, was jedoch nur selten der Fall ist", heißt es in einem Forum im Internet.
Sprachgeschichtlich zurückzuführen ist der Begriff laut Wörterbuch der Königlichen Akademie auf die Anhänger einer liberalen Bürgerkriegspartei im 19. Jahrhundert, die auf Seiten der Königin Cristina kämpften und deswegen als "Cristinos" verunglimpft wurden. Das wiederum soll von katholisch-konservativen Basken zu "Guiristino" verballhornt worden sein, und wurde schließlich zu "Guiri". Gemeint war also ursprünglich ein besitzergreifender Eindringling mit liberalen Ansichten. Heute ist es laut Pons am ehesten mit "Touri" zu übersetzen und bezieht sich vor allem auf Gäste aus dem angelsächsischen Sprachraum, Skandinavien, Deutschland oder den Niederlanden. Aber auch, wer länger in Spanien lebt, wird gelegentlich "Guiri" genannt.
Auf Mallorca ist hingegen eher das Wort "Forastero" gebräuchlich, was schlicht und einfach "Fremdling" bedeutet und auch für Zugereiste vom Festland verwendet werden kann - teilweise sogar in zweiter oder dritter Generation für Menschen, die auf Mallorca geboren sind. Die Abstammung ist für echte Insulaner trotz aller mediterranen Lockerheit offenbar ein Punkt, an dem der Spaß aufhört. Sticheln sie nur gegen "Guiris", wird die Sache hingegen wohl nicht ganz so heiß gegessen - reale Sorgen um explodierende Mieten oder überlastete Infrastruktur einmal beiseite gelassen.
Ein hübscher lautmalerischer Begriff, der sich von "Guiri" ableitet, ist übrigens "Guirigay". Gemeint ist damit ein unverständliches Kauderwelsch oder Gewirr von Stimmen. (mic)
(aus MM 17/2016)