Entspannt zieht sie an ihrer Zigarette und nimmt nebenbei einen Schluck Café con Leche. Immer wieder blickt sie durch die Menschenmenge, die an der Bar Bosch am Passeig des Born vorbeizieht. Erst seit drei Monaten nennt Laura Kautzsch Palma ihr Zuhause und staunt noch immer über die kleinen Dinge des Alltags: „Es ist Januar und ich sitze im Blazer hier”, sagt die 27-Jährige, als könne sie ihr Glück kaum fassen. „Der Winter auf Mallorca ist nice.”
Bevor es sie auf die Insel verschlug, war sie vier Jahre auf den Weltmeeren unterwegs. Unter anderem auf „Mein Schiff” arbeitete sie als Frisörin. „Es war toll, um Erfahrungen zu sammeln”, erzählt sie. „Denn statt Stammkunden hat man jedes Mal eine neue Herausforderung vor sich sitzen. Du fängst jedes Mal von Neuem an.” Bis zu 25 „Köpfe”, wie sie es nennt, habe sie am Tag frisiert. „Das ist sehr viel”, ordnet sie ein. Vor allem an den Feiertagen um Weihnachten und Neujahr herum sei sehr viel zu tun gewesen in den Salons an Bord.
Als sie im Dezember 2019 zum ersten Mal auf ein Kreuzfahrtschiff ging, ahnte sie nicht, was sie erwarten würde. Denn kurz danach, im März 2020, erreichte die Corona-Pandemie ihren Höhepunkt. Plötzlich lag alles brach und die Welt stand still: „Wir ankerten vor Teneriffa, die Passagiere wurden ausgeflogen und die Crew war alleine auf dem Schiff.” Gemeinsam habe man das Beste aus der Situation gemacht und später unter Auflagen wieder zu arbeiten angefangen.
Doch die Frisörin schien zu spüren, dass es Zeit für etwas Neues war. Den Wunsch, nach Palma auszuwandern, habe sie erst einmal nicht gehabt. Stattdessen entwickelte er sich in Gesprächen mit ihrer Familie: „Die Mallorca-Idee kam von meiner Mutter”, erinnert sie sich zurück. Wie es so oft ist im Leben, war es auch bei Laura Kautzsch: Man kennt jemanden, der jemanden kennt, und so nimmt das Schicksal seinen Lauf. Eine Bekannte ihrer Mutter hatte eine Schwägerin, die aus Bautzen in der Nähe von Dresden stammt. „Sie hat schon seit Jahren einen Frisörsalon in Palma und ich habe mich einfach beworben.”
Wann immer sie mit dem Kreuzfahrtschiff in der Inselhauptstadt anlegte, sah sie sich um und machte auch Termine für Wohnungsbesichtigungen aus. „Alles hat sich perfekt gefügt”, blickt sie heute auf die vergangenen Monate zurück. Seit Oktober vergangenen Jahres ist sie Residentin und arbeitet in Claudia Rentsch Hairspot im Herzen der Altstadt.
Endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, scheint sie glücklich zu machen. „Der Alltag ist komplett anders”, erzählt sie. „Ich kann endlich wieder selber kochen und das genieße ich sehr.” So schön die Zeit auf den Ozeanriesen auch gewesen sei, Zeit für ihr Privatleben gab es nicht, meint die Dresdnerin: „Man hat einfach keine Zeit für sich selbst. Ich konnte nicht einmal Sport machen”, erinnert sie sich zurück. Jetzt fühle sie sich viel freier.
Ein kleiner Wermutstropfen trübt ihr neues Leben dennoch: der Immobilienmarkt auf der Insel. Noch wohnt sie in einer WG – mit einem lateinamerikanischen Paar und der kenianischen Großmutter des Vermieters. Beim Erzählen lacht sie darüber. Ihr Optimismus – nicht nur bei der Wohnungssuche – ist fast ansteckend: „Ich gehe mit meinem Feeling!”