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"Wir vermissen die Wärme": So leben zwei ausgewanderte Mallorquiner in Norddeutschland

Wie ein junges, einheimisches Paar die Insel verließ und jetzt ein Tapas-Restaurant in der Nähe von Hamburg betreibt

Fernando Segura stammt aus Campos auf Mallorca und hat in Deutschland zum ersten Mal in seinem Leben Schnee gesehen. | privat

| Hamburg, Deutschland |

Auf Mallorca zu leben, ist wahrscheinlich für viele Deutsche ein Lebenstraum. Umso weniger können die Restaurant-Gäste des mallorquinischen Paares verstehen, dass die beiden den umgekehrten Weg genommen haben und seit einigen Monaten in Deutschland leben. „Die wundern sich alle und verstehen das gar nicht”, erzählt Raisa Beerens mit einem verschmitzten Lachen. „Wir werden ganz oft gefragt, warum wir nach Hittfeld gezogen sind.”

Seit einigen Monaten lebt die 20-Jährige, die aus Colònia de Sant Jordi stammt, gemeinsam mit ihrem Freund Fernando Segura in der Nähe von Hamburg. Der 24-jährige Ecuadorianer ist aber in Campos groß geworden. Und seit November betreiben die beiden zusammen das Tapas-Restaurant „777” in einem Hotel. „Wenn du den Strand immer vor deiner Nase hast, nimmst du es irgendwann nicht mehr wahr. Es kommt der Punkt, an dem du gar nicht mehr an den Strand gehst”, beschreibt Raisa ihre Heimatgefühle. „Ich glaube, wenn du aus Mallorca stammst, willst du auch einmal woanders leben.”

Fernando und Raisa betreiben seit November ihre Tapas-Restaurant in Hittfeld Nahe Hamburg. Foto: privat

Geplant war die Auswanderung des jungen Paares nicht. Vielmehr ging alles mit einem Urlaub in Deutschland los. „Wir bleiben nur zwei Wochen, sagten wir uns damals”, erinnert sich die Mallorquinerin zurück. Doch bei ihrem Vater in dem kleinen Dorf Marxen im nördlichen Niedersachsen gefiel es dem Paar so gut, dass es einfach blieb. Raisa und Fernando fanden Jobs in der Gastronomie, zumal sie schon einige Jahre Erfahrung aus Mallorca mitbrachten. Die Idee, einen eigenen Betrieb auf die Beine zu stellen, kam von ihrem Vater, der eines Tages fragte: „Wollt ihr nicht ein Restaurant aufmachen?”

Seitdem steht Fernando jeden Tag in der Küche und bereitet die Tapas seiner Heimat zu. „Bei unseren deutschen Gästen sind die Gambas in Olivenöl und Knoblauch sowie Patatas Bravas am beliebtesten”, erzählt der gelernte Koch. Raisa übernimmt den Service. Gemeinsam zu arbeiten, stört die beiden nicht. Sie klingen, als seien sie ein eingespieltes Team. An ihrem einzigen freien Tag in der Woche – immer dienstags – unternehmen sie Ausflüge nach Hamburg, erkunden die „schöne Gegend” oder gehen spazieren. Die Mallorquinerin wird kurz wehmütig: „Manchmal ist es schon schade, dass es keine Sonne gibt. Aber so ist es halt”, seufzt sie. „Wir vermissen auch die Sonnenuntergänge am Strand. Und wir vermissen die Wärme."

Für viele ist es wohl kaum vorstellbar, aber: Raisa und Fernando sind wirklich glücklich in Deutschland. Immer wieder erzählen sie von ihren Erlebnissen der vergangenen Monate: „Es war so, so toll, als ich das erste Mal Schnee gesehen habe”, beschreibt der Ecuadorianer noch immer voller Begeisterung. Seine Antworten in dem MM-Gespräch gibt er auf Spanisch, aber „er lernt schon fleißig Deutsch”, ergänzt seine Freundin stolz. Sie selbst spricht nahezu perfektes Deutsch, obwohl sie auf Mallorca aufgewachsen ist. Als Kind eines deutschen Vaters und einer niederländischen Mutter spricht sie mehrere Sprachen fließend.

An der deutschen Mentalität habe Fernando noch zu knapsen. „Auf dem Weg zu einem Termin sagt er manchmal ‚Keinen Stress’, aber ich dränge ihn dann, dass wir hier in Deutschland pünktlich sein müssen”, beschreibt Raisa lachend. „Die Menschen sind auch verschlossener, aber sie werden offener, wenn man sie besser kennenlernt – kommunikativer und freundlicher.” Erst einmal plant das Paar, weiter in Norddeutschland zu leben. Doch eins ist jetzt schon klar für die jungen Spanier: „Wir kommen irgendwann zurück nach Mallorca!”

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