Eigentlich ist Thomas Lojek keiner, der um Worte ringt. Als Autor von Sachbüchern, Ratgebern und Kriminalromanen liegt ihm der Umgang mit Sprache nahe, und in einem "früheren Leben" hat er in der Kölner Medienbranche als PR-Profi mitgeholfen, Künstler wie Britney Spears, Justin Timberlake und die Backstreet Boys in Deutschland berühmt zu machen. Wenn der Wahlspanier jedoch über die Naturkatastrophe spricht, die die Region Valencia am 29. Oktober heimgesucht hat, versagt ihm auch drei Wochen nach den verheerenden Ereignissen immer noch die Stimme.
"Man liest immer wieder über derartige Katastrophen. Man versucht es sich vorzustellen. Man kann es auch irgendwie verstehen und nachempfinden. Aber es ist etwas vollkommen anderes, das zu erleben. Es war einfach so viel Wasser …"
Das Haus der Familie liegt in den Bergen um Valencia, mitten im Wald. Eigentlich gut geschützt vor den Umwelteinflüssen. Nicht in einer Lage, in der sich der Autor besonders durch Naturphänomene bedroht gesehen hat. Doch in dieser Nacht waren die Niederschläge einfach zu stark.
Das Extremwetter überflutete die Region mit über 600 Litern Wasser pro Quadratmeter – an nur einem Tag. Zum Vergleich: So viel Regen fällt in Berlin in einem Jahr. Vor dieser Masse an Wasser war niemand sicher. Die Menschen starben zu Hause, genauso wie im Supermarkt, auf der Straße ebenso wie im Auto. Lojek kennt zahlreiche erschütternde Geschichten von Nachbarn und Freunden. Und auch Lojeks Familie trauert: Die Mutter seiner Ehefrau überlebte das Unwetter nicht.
In das Gefühl des tragischen Verlustes mischt sich für die Familie auch immer wieder die Frage, wie es weitergeht. Ihre gesamte Existenz wurde vom Regen weggespült. Das Haus ist nahezu komplett unbewohnbar geworden, nur im Obergeschoss gibt es noch einen Raum, in dem man sich aufhalten kann. Elektrizität gibt es nach wie vor nur für einige Stunden am Tag über ein Notstromaggregat. Immerhin genug, um die Kommunikation nach außen wieder aufzunehmen und Hilfe zu organisieren. Der Autor hat sich entschieden, auf einer privaten Spendenseite um Unterstützung zu bitten.
"Jetzt ist für uns alle hier nicht der Moment für falschen Stolz. Wir wissen alle nicht, wie es weitergehen soll. Von den versprochenen Hilfen der Regionalregierung ist bei den Menschen bislang nichts angekommen. Und selbst die Notstromaggregate und den Kraftstoff müssen wir uns alle selbst organisieren. Ich habe mich wie viele andere entschlossen, einfach jeden um Hilfe zu bitten, den ich kenne. So machen wir es gerade alle hier."
Mit seiner Verzweiflung und seiner Wut ist Lojek nicht allein. Wie bei der Flut im Ahrtal wurden auch in Spanien wichtige Warnungen von den lokalen Behörden nicht an die Bevölkerung weitergegeben, und die offizielle Unterstützung läuft, wenn überhaupt, mehr als schleppend an.
Lojek kann die Wut der Menschen nachvollziehen
"Zuerst wurden die Warnungen vor der Gefahr der Fluten der Bevölkerung vorenthalten – und dann später versucht, die wahren Ausmaße der Katastrophe zu verschweigen. Wahrscheinlich sind noch hunderte Tote irgendwo da draußen, wir wissen es nicht."
Der Autor sieht aber auch, wie die Katastrophe die Betroffenen miteinander verbindet und starke Solidarität herrscht: "Was hier in den Gemeinden und unter den Menschen und Nachbarn entsteht ist genauso überwältigend wie die Anteilnahme, die von außen kommt. Wir brauchen natürlich materielle Hilfe hier. Aber auch jede helfende Hand und jedes Wort der Unterstützung hilft uns weiter gegen das Gefühl, nicht alleine dazustehen."