Zwei Jahre nach ihrem Mallorca-Debüt hat Fee Reega in Palma ihre neue CD "Sonambulancia" präsentiert. Den spanischsprachigen Printmedien der Insel war ihr Solo-Auftritt im Novo Café Lisboa jeweils eine ganze Seite wert. Das liegt zum einen daran, dass sich die Songwriterin in der spanischen Indie-Musikszene einen Namen gemacht hat. Und zum anderen an ihren besonderen Songs. Denn Reega schreibt und singt ihre Texte zwar auf Spanisch, doch nach Spanien kam sie erst vor sechs Jahren – aus Deutschland.
Geboren wurde Reega 1988 in Balingen, einer 34.000-Seelen-Gemeinde am Rande der schwäbischen Alb. Ihr Leben als Musikerin begann in Berlin, wo sie nach dem Abitur ein Studium der Literaturwissenschaften aufnahm. "Ich habe immer viel geschrieben und hatte sehr viel Textmaterial", erzählt sie, wie sie zur Musik kam. Vorlesen sei nicht ihr Ding gewesen, die Poesie damals auch nicht. Die Lösung brachte die Gitarre. "Ich habe einfach versucht, die Texte zu singen. Das hat besser funktioniert als alles andere."
Drei Jahre lang trat die Songwriterin in Bars überall in Deutschland auf. Und nannte sich fortan Fee Reega. Dies sei ein Zwischending aus richtigem Namen und Pseudonym, verrät sie. Tatsächlich ist ihr Vorname Fee, den Nachnamen, der sich "Riega" ausspricht, hat sie dagegen umgeschrieben. Das begründet sie so: "Ich wusste am Anfang nicht, wo das hinlaufen würde und wollte auch nicht unbedingt, dass jeder, der meinen Namen googelt, direkt die Musik findet."
Heute widmet Reega sich ganz der Musik und dem Schreiben. "Ich weiß nicht, ob das in Deutschland möglich gewesen wäre", sagt sie. Doch ein Auslandsstudienjahr in Madrid brachte die Wende. Eigentlich wollte Reega dort wegen der anderen Sprache keine Musik machen. Aber es kam anders. Aus Spaß versuchte sie, ihre Songtexte zu übersetzen und merkte: das funktioniert.
Die Kultur des Landes kannte sie kaum, und wie ihre übersetzten Songs bei den Leuten ankamen, wusste sie nicht. Das habe sie nicht unsicher, sondern eher sicher gemacht, erinnert sie sich. Ihre Erkenntnis: Fremd sein hat auch Vorteile. "Man hat sehr viel Narrenfreiheit beim Publikum, und wenn man die Sprache nicht so gut spricht, hat das auch etwas Charmantes", erklärt Reega. Vor einer Hürde stand sie dagegen zwei Jahre später, als sie schon in Asturien lebte: "Jetzt sprach ich zu gut, um schlecht zu schreiben, aber noch nicht gut genug, um so zu schreiben wie ein Muttersprachler das könnte."
Die neue Sprache brachte der Songwriterin auch neue Möglichkeiten, sich auszudrücken. Da sie ihr ganzes bisheriges Leben deutsche Literatur gelesen habe, sei sie auch von zahlreichen Schreibstilen beeinflusst gewesen. Ans Spanische sei sie dagegen völlig unvoreingenommen herangegangen.
Reega schreibt ständig. In welcher Sprache, das hänge davon ab, an welchem Ort sie sei und welche Sprache sie gerade spreche. "Ich versuche, beim Schreiben ganz wenig nachzudenken" erklärt sie, und vergleicht dies mit automatischem Schreiben.
Nicht zufällig hat sie ihre Musik schon mal als Freudianischen Folk bezeichnet. Aber auch als "Folk problemático" oder "Slow Punk", denn eigentlich lehnt sie eine feste Definition ab: "Ich möchte, dass meine Musik von ganz verschiedenen Leuten gehört wird, weil ich selber auch ganz verschiedene Musik höre und viele Leute kenne, die aus ganz verschiedenen Welten kommen und das interessant finden."
Dass sie sich in Spanien etablieren konnte, während sie in der deutschen Musikszene gegen Wände lief, hat Reega zuerst enttäuscht. Heute sieht sie dies pragmatisch: "Der Ort, an dem man geboren ist, muss nicht unbedingt der Ort sein, an den man am besten passt."
Inzwischen hat Reega neben der Musik Texte in Anthologien und den Gedichtband "Purpurina y Percebes" veröffentlicht, der sie zu einer Lesung erneut nach Mallorca führen wird. "Wir würden auch sehr gerne mit der Band nochmal kommen", sagt sie, "aber wahrscheinlich erst im Herbst."
(aus MM 2/2018)