Was bringt eine internationale Designerin dazu, sich in Inca niederzulassen? Diese Frage hat Chiara Ferrari in den vergangenen Wochen oft zu hören bekommen. Und nicht ganz zu Unrecht. Immerhin lebte sie in Mailand, London und Los Angeles, arbeitete in Büros von Koryphäen wie die Architektin Zaha Hadid und der Designer Ross Lovegrove, gründete ihr eigenes Chiara Ferrari Studio, lehrte am Royal College of Art in London und am Art Centre College of Design in Los Angeles.
Im Carrer Antoni Fluxà, zwischen dem Bahnhof und der Fußgängerzone von Inca, hat sie nun unter Wahrung der Originalstruktur eine ehemalige Lederfabrik in das Studio 110 Mallorca verwandelt und direkt darüber ihr Wohnung eingerichtet. Das Studio soll mehr sein als nur Arbeitsplatz und Empfangsraum für Kunden. Ferrari beschreibt es als einen Treffpunkt für Designprofis, Innenarchitekten, Kreative und Architekten, offen für lokale und internationale Talente. „Das ist, glaube ich, auf der Insel ein bisschen notwendig.
Als ich in großen Städten für bedeutende Architekten gearbeitet habe, konnte ich erleben, wie sich in einem Büro verschiedene Disziplinen gegenseitig befruchtet haben”, erzählt sie. Ihr Ziel: 110 Mallorca in ein Epizentrum zu verwandeln, das die Designszene der Insel beeinflusst, verschiedenen kreativen Disziplinen Sichtbarkeit verleiht und Verbindungen innerhalb der Branche schafft. Für dieses Anliegen habe sie in Inca die ideale Räumlichkeit gefunden, sagt sie und fügt hinzu: „In Palma wäre dies nicht möglich gewesen.”
Das mag überraschend klingen, doch einen Eindruck davon konnte man vergangenen Donnerstag bei der Eröffnung des Studios gewinnen. Bei der Einweihung der 110 waren Sandro Fantin und Davide Brusadin anwesend. Sie präsentierten das 1968 in Italien gegründete Unternehmen Fantin, dessen Markenzeichen Möbel aus recycelbarem Metall und lebendigen Farben aus umweltfreundlichen Pulverpigmenten sind.
Zugegen waren auch örtliche Kreative, namentlich Gemma Salvador, Koordinatorin und Mitbegründerin der ebenfalls in Inca ansässigen Manufaktur Llanatura, die auf nachhaltige Weise heimische Schafwolle behandelt und zu fertigen Produkten verarbeitet, oder die Betreiber von 2monos, einem handwerklichen Designstudio in Sencelles, das Architektur und Inneneinrichtung verbindet und handgefertigte Einzelstücke aus sorgfältig ausgewählten Materialien herstellt.
Auf eines legt Ferrari bei aller Offenheit freilich Wert: Wer immer in 110 Mallorca präsentiert, zusammenkommt oder sich austauscht, muss zur Philosophie und Ästhetik des Studios passen. Beispiel Fantin: „Wir teilen eine Designphilosophie der Anpassungsfähigkeit, Einfachheit und der Liebe zum Detail”, erklärt sie. „In meiner Arbeit suche ich immer nach dem Wesentlichen. Wenn etwas aus dekorativen Gründen hinzugefügt werden muss, ziehe ich es vor, dies nicht zu tun."