Am Sonntag, 23. November, sitzt Karl Kases im Keller. In der ehemaligen Bodega seines Stadtpalastes in Llucmajor, heute der Salon Can Gats, liest er ab 12 Uhr aus seinem zweiten Mallorca-Krimi „Die Hexen von Cabrera”.
Der gebürtige Wiener war Kameramann, wurde dann Regisseur fürs Fernsehen in Deutschland und Österreich. Und in Hollywood. Als einer der wenigen Deutschsprachigen gehört er der Directors Guild of America an. Sein Weg nach Mallorca begann 2005 mit einem ARD-Auftrag. Er drehte „Der Traum ihres Lebens“ mit Michaela May und Michael Roll. Während der Dreharbeiten verliebte er sich in die Insel. Das hatte Folgen: „Meine Frau Susanne und ich haben hier ein neues Leben aufgebaut.”
Vor sechs Jahren kauften sie spontan den Stadtpalast in Llucmajor. „Meine Frau hat sich in den Keller schockverliebt und sofort die Idee gehabt, dort etwas zu machen”, erzählt Kases. „Wir haben den Rest des Hauses gar nicht angesehen. Ich bin reingegangen, habe es gekauft. Das war’s.”
Der Keller war vollgestopft mit alten Schuhen, Weinfässern und Hausrat aus 100 Jahren. Was sie mit dem Gewölbe anfangen wollten, klärte sich während der Renovierung. „Die Grundidee war wienerisch”, erklärt Kases. „Wie im Wien der vorletzten Jahrhundertwende, als Menschen ihre Freunde in ihre Häuser einluden und ihnen Kultur boten.”
Ein Salon mit Lesungen, Musik und Ausstellungen – damit trafen die Kases bei den deutschsprachigen Residenten ins Schwarze. Jede Veranstaltung ist ausgebucht. Das Geheimnis? Qualität, sagt Kases. Aus Berliner Zeiten verfügt er über ein Netzwerk befreundeter Künstler. Max Raabe war da, Autoren wie Peter Keglevic lesen, Maler stellen aus.
Nun liest der Hausherr zum zweiten Mal selbst. Nach „Der Mallorca-Job” ermittelt der Berliner Kriminalhauptkommissar Leon in „Die Hexen von Cabrera” erneut auf Mallorca. Sein Onkel wird auf der Fähre ermordet, die Spur führt zu einem verzweigten Komplott. Ein russischer Oligarch, eine windige Geschäftsfrau und ein Ex-Sträfling wollen die Insel touristisch erschließen. Leon kämpft gegen korrupte Beamte und Gangster – und mit Beziehungsproblemen. Die Idee, Cabrera zu privatisieren, wirkt verrückt. Schließlich gehört der Naturpark dem spanischen Verteidigungsministerium. „Natürlich ist das Fiktion”, sagt Kases, „aber eine, die man sich heute besser vorstellen kann als vor Trump oder Putin.”
"Man liest das Mallorca Magazin und hat schon den halben Roman"
Dass Kases Krimis schreibt, ist weniger abwegig, als es scheint. Seine Karriere liest sich selbst wie ein Roman. Mit 14 drehte er seinen ersten Experimentalfilm, mit 19 arbeitete er in den Wiener Filmstudios, mit 26 war er Kameramann bei seinem ersten Spielfilm. Dann kam Hollywood.
Dank „Dallas”. Eine Episode der Kultserie wurde 1988 in Wien gedreht, und Kases bekam Wind davon. Kurzerhand marschierte er mit seinen Arbeitsproben ins Hotel Imperial, wo die Crew frühstückte. Er stellte sich als Kameramann vor und bot an, die Wiener Episode zu drehen. Wenige Stunden später rief Produzent Lenny Katzman an: „Sie haben den Job!” Das Hollywood-Abenteuer begann.
Katzman holte ihn später für 130 Episoden als Kameramann zur TV-Serie „Walker, Texas Ranger” mit Chuck Norris. Bis Kases eines Tages vor dem Wohnmobil von Norris stand, weil er ein lukratives Jobangebot von Warner hatte. Norris, auch ausführender Produzent, lud ihn zum Essen ein und schlug vor: „Warum arbeiten Sie nicht weiter für uns – als Regisseur?” Kases blieb bis zur letzten Episode.
2012 kehrte er nach Europa zurück, ließ sich in Berlin nieder und führte Regie bei über 20 Fernsehfilmen und 70 Serienepisoden für ARD, ZDF, Sat.1 und den ORF. Auf Mallorca wurde er schließlich Krimiautor. „Man liest das Mallorca Magazin und hat schon den halben Roman”, sagt er lachend. „Die Geschichten liegen auf der Straße. Man muss nur die Augen öffnen.”Am dritten Band um Leon, Sonja und Ziehsohn Omar arbeitet er bereits und plant dazu auch eine Fernsehserie. „Das ist der Plan für den Rest meines Lebens.”