Sanft zergehen die Sobrassada-Fetzen am Gaumen. Die grobkörnigen Stücke der Paprika-Wurst erinnern eher an einen gut gewürzten Schinken als an den darin geballt enthaltenen Speck, der für den Fettgehalt von bis zu 70 Prozent verantwortlich ist.
Die deftige Streichwurst gilt als Sinnbild mallorquinischer Tradition und Identität. Davon kann man sich einmal im Jahr im Oktober bei der Sobrassada-Messe in Campos überzeugen. Dort ist alles präsent, was in der Wurstherstellung der Insel Rang und Namen hat. "Nur vom Sobrassada-Kontrollrat anerkannte Betriebe dürfen ins Auditorium", sagt Pep Lluís Munar vom Traditionshersteller Munar in Porreres, der in diesem Jahr sein siebzigstes Jubiläum feiert.
Alle anderen müssen sich mit einem Platz zwischen den Trödelständen auf der Hauptstraße von Campos begnügen. Nur nach den Bestimmungen der seit 1996 geschützten Herkunfsbezeichnung "Sobrassada de Mallorca" bekommt man eine mit traditionellen Verfahren hergestellte Wurst von höchster Qualität. Verwendet werden dürfen neben gehacktem Magerfleisch und Speck nur Pfeffer, Paprika, Rosmarin, Thymian und Oregano, während der Einsatz von Farbstoffen ausdrücklich verboten ist.
Wenn die Sobrassada zudem mit dem Gütesiegel "Sobrassada de Mallorca de Porc Negre" ausgezeichnet ist, kommt auch das Fleisch vom auf der Insel heimischen schwarzen Schwein, das sich wegen seines hohen Fettgehalts besonders gut für die Wurstherstellung eignet. Da die Verbraucher allerdings eher die mageren Fleischsorten bevorzugen, ist das schwarze Schwein jedoch selten geworden und liefert weniger als zehn Prozent der jährlichen Sobrassada-Produktion von derzeit etwa 1600 Tonnen. Erfasst sind allerdings nur die Produkte der 24 vom Kontrollrat akkreditierten Betriebe. Man geht davon aus, dass andere Hersteller nochmals etwa die gleiche Menge auf den Markt bringen, sei es aus Hausschlachtungen oder weil ihnen die Auflagen zu kompliziert sind.
Die Reifezeit der Sobrassada hängt von der Größe der verschiedenen Würste ab, die in unterschiedliche Därme gefüllt werden. Das kleinste Kaliber ist die schmale und lange Longanissa im Dünndarm. "Sie wird gerne auf dem Grill zubereitet, und man kann sie schon nach einer Woche gut essen", sagt Catalina Más von der Metzgerei Can Bernardí.
Die gängige "Semirizada" mit 500 bis 800 Gramm Gewicht in mittelgroßen Därmen ist dagegen ausschließlich als Streichwurst beliebt und sollte mindestens einige Wochen bei 14 bis 16 Grad reifen. Das gilt auch für ihre große Schwester die "Rizada" oder die längere "Culana", die ihrem Namen entsprechend im Endstück des Darms abgehängt wird. Noch mehr Geduld braucht man für die "Pultrú" aus der Schweineblase oder die früher von den Bischöfen geschätzte "Bisbe" aus dem Schweinemagen. Hier sollte man am besten bis zur Mandelblüte warten, was auch für die weniger bekannte Bufeta mit ihrer halbrunden Form gilt.
Ebenfalls zulässig sind die von Traditionsbewussten verschmähten Plastikschälchen, die Supermärkte im Angebot haben. Geschlachtet werden sollte nicht vor Ende Oktober oder Anfang November.
Ernährungsbewussten setzen ihre Hoffnung übrigens auf eine neue Variante, in der ein Teil des Schweinespecks durch Karottenfasern ersetzt ist. Statt 600 Kalorien pro 100 Gramm, kommt man mit dem experimentellen Produkt nur noch auf 480 Kalorien. Die Geschmacks-eigenschaften sollen dabei erhalten bleiben, wenn man der kürzlich vorgestellten Doktorarbeit der Erfinderin und Lebensmittelchemikerin Valeria Eim Iznardo Glauben schenken darf. Bis die Innovation auf den Markt kommt, wird aber noch einige Zeit vergehen. Zumal die neuartige Paste nach gegenwärtiger Rechtslage wohl nicht als "Sobrassada" verkauft werden dürfte, sondern nur als Brotaufstrich.